Diogenes holt Fauser aus dem Hitkeller – Annotation zum Roman „Das Schlangenmaul“ von Jörg Fauser

"Das Schlangenmaul" von Jörg Fauser. © Diogenes

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Es ist kein Geheimnis, dass Jörg Fauser einer der verkanntesten deutschen Autoren ist. Vielleicht liegt das auch an seinem frühen Tod, im zarten Alter von 43 Jahren brachte ihn der Suff zur Strecke. Bis dahin schrieb er einen Gemischtwarenladen an Büchern und Texten, die nun nach und nach bei Diogenes erscheinen. Lyrik, Reportagen, krimiartige Romane, Erzählfragmente usw.

Im Roman „Das Schlangenmaul“ schickt Fauser einen abgehalfterten Reporter auf die Reise durch den deutschen Sumpf. Käufliche Politiker, strange Politikergattinnen, Sektenjünger, Nutten und Kriminelle tummeln sich im Westberliner Sumpf der frühen 1980er Jahre. Es ist mehr oder weniger ein Krimi, der sich jedoch nie auf die Gesetzmäßigkeiten des Genres wirklich einlässt. Es ist genauso Gesellschaftsposse und Politroman, denn vor Haltung ist man bei Fauser Gottseidank nie sicher. Das macht ihn heute noch lesenswert, diese starke Stimme gegen die Widrigkeiten der Menschenwelt. Auch wenn das Machogehabe manchmal nervt und das krimihafte Finale auch nicht das gelbe vom Ei ist – ganz zu schweigen vom jammerigen Nachwort von Ani, wo er Gerechtigkeit für Krimiautoren fordert.

Und sonst? Fauser relaxed – Wo wachsen die lustigen Blumen? Für Freunde des alten Westberlins ist das Buch ein Muss.

Bibliographische Angaben

Jörg Fauser, Das Schlangenmaul, mit einem Nachwort von Friedrich Ani, 320 Seiten, Hardcover, Leinen, Diogenes Verlag, Zürich, 22.5.2019, ISBN: 3-257-07036-1, Preise: 24 EUR (D), 24,70 EUR (A), 32 sFr

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