Turin, Italien (Kulturexpresso). In diesem Jahr gibt es für die Teilnehmer und Schlachtenbummler des Eurovision-Liederwettbewerbs in Turin ein Eurovision Village genannten Eurovision-Dorf auf der orographisch linken Seite des Po, dem 652 Kilometer langen Fluß mit dem kurzen Namen. Der heißt lateinisch Padus und dürfte in der deutschen Sprache Älteren und Kennern auch als Pfad bekannt sein.

Das „Dorf“ ist keines sondern ein schön angelegtes Veranstaltungsgelände im 42 Hektar großen Parco del Valentino (Valentino-Park). Der wurde 1856 als erster öffentlicher Garten Italiens angelegt, ist heute jedoch nach dem Parco della Pellerina der zweitgrößte dieser Großstadt. Wenn das erste Grün von Türin, wie Turin auf piemontesisch heißt, Torino sagen und schreiben die Italiener, zwischen den Po-Brücken Ponte Isabella und Ponte Umberto I nicht zur ersten Hauptstaat des Staates Italien paßt, was dann?

Ruderer auf dem Po am Parco del Valentino in Turin. © Crediti Giorgio Gulmini per Visit Piemonte, BU: Stefan Pribnow

Ab heute ist der Park, der den Namen des Heiligen Valentin trägt, geöffnet und bleibt dies bis zum großen Finale Samstagnacht, 14. Mai 2022. Traditionell finden im Europa-Dorf Fanpartys mit Auftritten der Teilnehmer der Eurovison Song Contest (ESC) genannten Veranstaltung statt. In Turin treten auch lokale und regionale Künstler auf, die also auch aus der Piemont genannten Region am Fuße der Berge kommen. Von interaktive Ausstellungen, die von der Turiner Kulturstiftung organisiert werden, ist zudem die Rede. Daß vieles, was vom ESC auch unter dem Dach des Pala Olimpico zu sehen ist, auch unter freiem Himmel geschaut und gehört werden kann, das ist klar. Dafür wurde eine große Videowand, auf der die beiden Halbfinale und das Finale übertragen werden, aufgebaut und Musik-Boxen.

Die Videowand verdeckt jedoch nicht die prächtige Fassade des Castello del Valentino. Im 16. Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung erwarb nämlich Herzog Emanuel Philibert von Savoyen dieses Gelände von der adligen Familie der Biraghi aus Mailand. Im 17. Jahrhundert wurde darauf das Castello del Valentino als Sommerresidenz der herzoglichen Familie gebaut. Das Drumherum im Norden und Süden wurde gartenbaulich barock gestaltet. Der Schloßpark, der in den 1860er Jahren nach Plänen des französischen Landschaftsarchitekten Jean-Pierre Barillet-Deschamps zu einem vielfältigen romantischen Stadtpark umgemodelt wurde, darf und soll auch dieser Tage besucht werden, so wie die nachgebaute historisierende Siedlung Borgo medievale. Diese historisierende Baugruppe könnte auch im irgendwo im Nirgendwo von Piemont stehen.

Ein schönes Schloß im guten Volkspark Parco del Valentino in Turin und der Po. © Crediti Giorgio Gulmini per Visit Piemonte, BU: Stefan Pribnow

Gefahren wurde Parco del Valentino auch und zwar schnellstmöglich. in der Autostadt wurden von 1935 bis 1955 unter dem Titel Gran Premio del Valentino manche Autorennen ausgetragen. In Turin wurde sogar auf einem Dach gefahren. Der Gran Premio d’Italia 1948 wurde jedoch nicht auf der Rennstrecke auf dem Dach des Fiat-Werkes, das dort gebaut wurde, wo der Sangone in den Po fließt, ausgetragen, sondern vor 26 000 Zuschauern im Parco del Valentino. Die Fans des Kreisfahrens hätten nämlich nicht aufs Dach gepaßt.

Ins Eurovision-Dorf dürften sie passen, auf jeden Fall in den großen Parco del Valentino mit viel Grün und Gesang und Oasen der Ruhe.

Ganz schön und grün im Parco del Valentino in Turin. Foto: Gianni Careddu, CC BY-SA 4.0

Anmerkung:

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im KULTUREXPRESSO.

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