„Fuck the facts“ jetzt auch in Neukölln

Fuck the Facts
"Fuck the Facts" wird am 13. September 2017 an der Neuköllner Oper uraufgeführt. © Matthias Heyde

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Dass Fakten spätestens seit einer vollidiotischen „Focus“-Werbung in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts nach unserer Zeitrechnung mit Ficken von Lesern durch Lohnschreiber von Verlegern übersetzt wird, das wissen alle Aufgeklärten. Alle anderen wissen das nicht.

Der lästige Lug und Trug von Hofberichterstattern in alten Medien läuft dem Projekt der Moderne zum Trotz längst als totale Reklame. Die Öffentlichkeitsarbeiter, ein Heer von Nieten und Nullen, besetzte seit Anbeginn der Neuen Medien auch diese. Im Weltnetz wird immer ungefilterter und unvermittelter veröffentlicht, was das Plappermaul nicht halten kann.

In der Informationsgesellschaft, wie manche Meinungsmacher die aktuelle kapitalistische Gesellschaft zu nennen pflegen, sei das „Zeitalter der Selbstermächtigung“ angebrochen, behauptet jemand an der Neuköllner Oper in Berlin und notierte: „Einfach den Rechner anschalten und twittern, posten und trollen was das Zeug hält. Self-entitlement worldwide, das galt für die Virtual Spaceriders des Artischocken-Kultes schon immer. Motto: Make Internet great again! Aber was passiert, wenn die Artischocken sich gegenseitig an die Gurgel gehen? Um einen Wald in ein Häuflein Asche zu verwandeln braucht es nur eine Zigarette. Um das Internet brennen zu lassen braucht es nur einen tweet. Ob Fake, ob Fakt oder Fiktion? Egal, ICH habe gesprochen. ICH brauche keine Gegenrede, ICH bin schon Demokrat. Fuck the facts, you`re not my Dad!“

Auch dieser Text ist alles andere als Aufklärung. Er ist Theater auf der Heimatseite der Neuköllner Oper im Weltnetz. Er ist Teil der totalen Reklame. Er ist nicht sachlich, sondern bestenfalls literarisch. Immerhin lässt er das Unbehagen des Autors gegen die Masse der scheinbaren Ich-Erzähler selbst durch den Schaum der Anglizismen schimmern.

Ob das Stück mit dem Titel „Fuck the facts“ auch so anti-emanzipatorisch wie die Werbung dafür ist oder wir uns den Mund abwischen müssen, das wissen wir nicht, wollen aber nicht verschweigen, das wir nicht abgeneigt sind, die Neuköllner Oper zu besuchen, um zu sehen und zu hören, ob die Verantwortlichen sich in ihrer „fiktive Geschichte, die „(auch) mitten in Berlin“ spiele, nur gegen Geld abarbeiten oder statt Seifenoper zum Wesentlichen dieser Gesellschaft der Ware und des Spektakels vordringen.

Werden die Schauspieler Allen Boxer, Hrund Ósk Árnadóttir, Angela Braun und Mario Klischies, die unter der Regie von Christian Römer spielen und den von Anna Catherin Loll verfassten Text sprechen, die Bühne zu einer Kopfbombenwerkstatt umfunktionieren oder bleibt alles im Rahmen mehr oder minder angenehmen Vergnügens?

Die musikalische Produktion und Leitung liege laut Veranstalter in den Händen von Bijan Azadian. Für Video und Sound sorgt Mario Simon, um die Choreographie kümmert sich Yuko Matsuyama und um die Ausstattung Grit Wendicke.

Wer wissen will, „wer … eigentlich da draußen im privatisierten Internet-Gericht“ spricht, „wer … die selbsternannten Cyber-Sheriffs“ sind, der schaue sich „ein großes Holzpferd“ zu folgenden Terminen ab 20 Uhr an: 13.09., 19.09., 20.09., 26.09. und 29.09.2017.

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