Buttenheim, Oberfranken, Deutschland (Kulturexpresso). Buttenheim? Hosen-Haus? Von Löb zu Levi Strauss? Von der Regnitz in die Neue Welt?
Buttenheim im Tal der Regnitz
Buttenheim ist eine etwas über 3.500 Einwohner zählende Gemeinde in Oberfranken, was Besucher beim ersten Anblick kaum beachten, denn die Straßen wirken wie an diesem sonnigen und tollen Tag im Wonnemonat Mai 2017 nach unserer Zeitrechnung (n.u.Z.) ziemlich leer und der Ort verlassen. Buttenheim liegt zudem im Tal der Regnitz. Die wiederum ist ein beinahe 60 Kilometer langer Fluss, der durch die Vereinigung von Pegnitz und Rednitz bei Fürth entsteht, um bei Bamberg in den Main zu münden.
Zurück zu Buttenheim, das laut auskunftsfreudiger und Auswärtigen gegenüber freundlicher Fremdenführerin Mitte des sechsten Jahrhunderts n.u.Z. gegründet worden sei soll, war – wie gehört – bis weit ins 17. Jahrhundert n.u.Z. hinein die wichtigste Marktgemeinde zwischen Bamberg und, nein, nicht Fürth, sondern Forchheim.
Dass die Gegend rund um Buttenheim und entlang der Regnitz weniger Natur- als vielmehr Kulturlandschaft ist, das riecht, sieht und hört der Reisende aus Klein- und Großstadt, der ins Grüne wagt zu wollen, oft genug. Parallel zur sich durch die Landschaft schlängelnden Regnitz, die auf ihrer ganzen Länge einen Höhenunterschied von über 50 Meter bewältigt, verläuft überwiegend schnurstracks der Main-Donau-Kanal, die Autobahn 73 und die Bahnstrecke Nürnberg–Bamberg, auf der auch Hochgeschwindigkeitszüge verkehren. Der zum Ludwig-Donau-Main-Kanal im Vergleich Neue Kanal verläuft teils in dessen Flussbett. Im Regnitztal befindet sich auch noch der Regnitz-Radweg, der als genussreiche Flussradtour zwischen Nürnberg und Bamberg beworben wird. Doch das steht in einem anderen Beitrag. Dieser hier dreht sich um:
Ein Hosen-Haus in Buttenheim
Genauer gesagt: das Levi-Strauss-Museum, das im Geburtshaus von Löb, wie Levi Strauss der Heini der Hose oder Vater der Blue Jeans ursprünglich hieß, untergebracht ist. Nachdem laut Wikipedia der Gemeinderat von Buttenheim im Herbst 1987 beschloss, „das denkmalgeschützte Haus an der Marktstraße 33, das eines der ältesten Bauwerke Buttenheims ist, zu erwerben“ und 1992 „die Renovierung des baufälligen Gebäudes“ begann, konnte das Museum „im Herbst 2000“ endlich eröffnet werden. Ende 2011 wurde auch das Gebäude nebenan Teil des Museum, obwohl es dort vor allem Kaffee, Kuchen und Klamotten zu kaufen gibt. Weniger kommerziell werden oberen Räume für Sonderausstellungen und Veranstaltungen genutzt.
Das Levi-Strauss-Museum weiß auf seiner Heimatseite im Weltnetz über Löb Strauss zu berichten, der am „26.02.1829 als jüngster Sohn von Hirsch Strauss und seiner Ehefrau Rebecca in Buttenheim geboren“ wurde. Weite im Text: „Sein Vater betrieb wie viele fränkische Landjuden einen Hausierhandel mit Tuch und Kurzwaren, der für die insgesamt neunköpfige Familie gerade das Nötigste zum Leben abwarf. Im Jahre 1846 starb Hirsch Strauss nach längerer Krankheit an Tuberkulose. Sein Tod brachte die Familie in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Deshalb entschied sich die Mutter Rebecca 1848“, als das Kommunistische Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels veröffentlicht wurde, „mit den drei jüngsten Kindern nach Amerika auszuwandern. Dort hatten sich bereits einige Jahre früher die beiden ältesten Söhne niedergelassen und einen Textilgroßhandel gegründet.“
Von New York ging 1953 die Reise den jungen Levi weiter westwärts. Gold und Glück lockten. Strauss erinnerte sich an früher in Buttenheim und startete fernab der verlassenen Regnitz „in San Francisco einen Großhandel für Stoffe und Kurzwaren“ und „alles, was die Goldgräber, Minenarbeiter und Pioniere des damals noch Wilden Westens benötigten. Zusammen mit einem Kunden, dem Schneider Jacob Davis aus Reno, der ein Verfahren für die Verstärkung der strapazierten Stellen von Hosen mit Nieten erfunden hatte, meldete Levi Strauss 1873 schließlich ein Patent für vernietete Arbeitshosen an.“
Der Kapitalist Levi Strauss
Levi Strauss wurde vom Händler zum Hersteller. Als Bourgeois der blauen Baumwollhosen für Proletarier wurde er spätestens, als das Logo mit den zwei Pferden, die vergeblich versuchen, eine Blue Jeans zu zerreißen, per Lederaufnäher an die Hose kam, berühmt. Seine Lohnarbeiter kannten den Kapitalisten Strauss schon früher. Doch daran und an Klassenkämpfe am Beispiel von Levi Strauss erinnert das Museum in Buttenheim nicht
Bekannt ist vor allem die 501. Levi Strauss und Compagnie führte 1890 Bestellnummern für die Einzelhändler ein. Die kupfervernieteten Overalls erhalten die Nummer 501. Die Geschichte der Levi’s 501 beginnt, andere wie die der Denim oder der IPod-Jeans werden später begonnen. Allerlei W-Fragen werden auf dem Rundgang durchs Museum beantworten, die nach dem wieso, weshalb, warum weniger.
Auch in dem Museumprojekt mit dem Titel „Von Knechten und Mägden, Tagelöhnern und Wanderhändlern – Das Leben auf dem Land im 19. Jahrhundert“ wird alles andere als Klassenbewusstsein gefördert. Aus klassenkämpferischer Sicht ist das kleinbürgerliche Museum etwas für Kleingeister, die sich am bescheidenen Butterheimer Spektakel mit modernster audiovisueller Technik für Eintritt am geschönten Leben und Werk des Abhauers Löb Strauss erfreuen und die Waren im Laden (freier Eintritt) kaufen.
Levi – Buttenheimer Urstoff
Am Ende des Besuches im Levi-Strauss-Museum in Buttenheim bleibt die Erfahrung, dass in diesem Hosen-Haus kaum kritische und schon gar nicht wissenschaftliche Erkenntnis reifen kann. Auch dort sind Hopfen und Malz verloren ist. Immerhin stecken diese Zutaten mit Wasser und Hefe in den Flaschen mit Bügelverschluss, auf denen die Wörter Levi und Buttenheimer Urstoff stehen.
Die Hosen sind zu teuer, aber den Stoff, hinter dem die St. Georgenbräu Kramer GmbH & Co. KG aus Buttenheim steckt, gönne ich mir beim restlichen Radeln entlang der Regnitz.
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Geburtshaus Levi Strauss Museum, Marktstraße 31-33, 96155 Buttenheim, Telefon: 0049 (0) 95 45 – 44 26 02, E-Mail: levi-strauss-museum@buttenheim.de
Öffnungszeiten: Dienstags und donnerstags von 14 bis 18 Uhr, samstags, sonntags und feiertags von 11 bis 17 Uhr