Neustadt-Glewe, Deutschland (Kulturexpresso). Neustadt gibt es öfter, Neustadt/ Glewe ist einmalig. Die Burg in Neustadt/ Glewe trägt viel dazu bei. Die meisten, die schon einmal von Berlin nach Hamburg unterwegs waren – oder umgekehrt – sind hier unachtsam vorbeigefahren. Wer im Flixbus saß, dem sei das verziehen. Autofahrer haben die Wahl – und die 2 Kilometer von der Autobahnabfahrt bis in den Ort hinein sind wirklich kein großer Kohlendioxid-Fußabdruck.
Die A24 (Autobahn 24 Hamburg-Berlin) beginnt am Berliner Ring A10 oder in Hamburg-Horn im Osten der Hansestadt. Wer aus der Hauptstadt kommt, durchquert lange Brandenburg – zurzeit besonders lange, wegen vieler 60er-Baustellen – bis ungefähr Wittstock/ Dosse, wo die A19 zur Ostsee abgeht. Brandenburg dauert dann noch ein bisschen an, während Namen wie Pritzwalk, Heiligengrabe und Putlitz auftauchen.
Putlitz, einer der ältesten Städte der Prignitz
Putlitz liegt 57 Meter hoch; 2.700 Seelen wohnen dort. Es ist eine der ältesten Städte der Prignitz (Wittstock gehört zur Ostprignitz). Ein Schild im eher kleinen Ort nennt ein Alter von 1050 Jahren. Das muss 1996 aufgestellt worden sein und ist also schon mehr als 20 Jahre alt. Tatsächlich ist Putlitz älter als Lüneburg (!) und das will hier im Norden schon etwas heißen. Die erste Erwähnung einer slawischen Burg stammt aus dem Jahr 946.
Die Sache mit dem Amt Neuhaus – britisch, verschenkt, dann Ost, jetzt West
Lüneburg wurde „erst“ 956 sicher genannt. Der Landkreis Lüneburg übrigens m.W. der einzige, der als „West“-Landkreis auf das Gebiet der ehemaligen DDR hineinreicht, umfasst seit 1993 nicht nur wieder das rechtselbische Amt Neuhaus, sondern auch das historisch zu Mecklenburg gehörende Niendorf, da es 1974 nach Sumte eingemeindet worden war. So gelangte ein Stück Mecklenburg nach Niedersachsen.
Amt Neuhaus: Zunächst gehörte dieses ehemalige Stück Kurhannover beziehungsweise Königreich Hannover auch 1945 zur britischen Besatzungszone. Die Engländer verschenkten es aber an die sowjetische Besatzungszone, da es keine Elbbrücke gab.
Immer wieder Mecklenburg
Wer an Wittstock, Pritzwalk, Heiligengrabe und Putlitz vorbeigebraust ist, sieht endlich das Schild „Mecklenburg-Vorpommern“ (MVP). Parchim mit seinem kuriosen Flughafen Schwerin-Parchim gehört zum Bundesland und wird auch an der A 24 passiert. MVP reicht in Boizenburg bis an die Elbe, dazu müsste man in Zarrentin abfahren.
Schon zwischen den Kilometern 120-100 sollte man auf die Schilder achten, um die Burg in Neustadt/ Glewe nicht zu verpassen. An der Autobahnabfahrt wird gerade gebaut, zwischenzeitlich war sogar die Abfahrt gesperrt. Ende September war die Ausfahrt aber möglich, rechtzeitig zum Burgfest und zur Ausstellung Grafik Nord.
Die Burg in Neustadt/ Glewe – ein Anziehungspunkt für Kenner
Nur zwei Kilometer sind es nach Neustadt. (Vorsicht bei der Rückfahrt zur A24, bitte innerhalb der Geschwindigkeitsbegrenzung bleiben.) Kurz bevor die Hauptstraße mit abknickender Vorfahrt rechts in den Ortskern einbiegt, sieht man bei entlaubten Bäumen vor sich halblinks die Burg in Neustadt/ Glewe. Sie spiegelt sich im Wasser. Wenn man hier links in die kleine Straße einbiegt statt halbrechts in den Ort weiterzufahren, hat man vom Parkplatz oder Ufer aus einen hervorragenden Blick auf die Burg in Neustadt/ Glewe, vielleicht den besten. Wer ihn ausdehnen möchte, kann in dem Restaurant mit großen Fenstern Platz nehmen. Essen kann man sehr gut auf der Burg bei bestem Ambiente.
Am Wasser liegen immer wieder Sportboote, die durch die Schleuse wollen, über die die Hauptstraße führt. Man kann die Burg direkt auf dem Wasserweg ansteuern, ein weiterer Vorteil. Wo wir schon beim Wasser sind: Es ist neben politischen und historischen Gegebenheiten der Grund, warum die Burg in Neustadt/ Glewe zu den besterhaltenen in Mecklenburg-Vorpommern gehört. In einem Bogen geht ein Graben ab, der auch hinter der Burg den Burggarten oder Park umschließt. Die angrenzende Straße heißt Wasserstraße. Sie ist keine Wasserstraße.
Der Park ist übersichtlich und enthält keine dunklen Ecken, was ihn für Spaziergänger recht sicher macht. Ein angenehmes Fleckchen Erde.
Fahren wir nun endlich ein kurzes Stück weiter auf der Hauptstraße, biegen wir die nächste links ab zur Burg in Neustadt/ Glewe. Mächtig die Mauern, kurios die Uhr. Wo andernorts mit dem Flaschenzug Lasten transportiert wurden, scheint hier die Uhr aufgehängt. Bei diesem Anblick bitte verweilen. Das Fahrzeug kann auf dem Parkplatz direkt vor der Burg abgestellt werden. Wer zu spät kommt, findet ein verschlossenes Tor vor.
Die Burg in Neustadt/ Glewe – Ort der Kunst
Durch das Tor gelangt man auf den hochliegenden Burghof, rechts und links geräumige Flügel. Der linke beherbergt das Restaurant, das gern für Feste gemietet wird. Geräumig, historisch, gute Küche. Wer nicht einkehren will, für den ist, wenn nicht wie am 7. Oktober gerade ein Fest gefeiert wird auch vor der Burg, Grafik das Zauberwort der Stunde. Mittwochs bis sonntags zwischen 11 und 16 Uhr nix wie hin zur Grafik Nord 05. Die überflüssige Null führen wir mal mit auf, vielleicht hat ja ein Schalkefan die Nummerierung mitbestimmt. Die Grafikausstellung Mecklenburg-Vorpommern ist in der Galerie auf der Burg zu sehen – noch bis 21. Oktober 2018.
Die Burg in Neustadt-Glewe ist auch bei wiederholtem Besuch ein freudeauslösender Ort. Sie lädt zum Flanieren und Einkehren ein. Bietet Architektur mit Überraschungen: die vierte Hofseite ist schlicht mit einer Mauer geschlossen. Bietet Kunst und Burgfeste. Ein feste Burg ist …
Wer nicht weiß wohin, hier ist ein schöner Ort. Es gibt einen Neustädter See und drei Naturschutzgebiete in der Stadt. Neben der Burg auch noch ein Schloss (von 1717). Einen Marktplatz und ein Rathaus. Hinten links eine Tankstelle, die rund um die Uhr geöffnet hat. Hinten rechts eine Autowerkstatt. Der Name der Werkstatt findet sich auf den Autokennzeichen wieder: STA-NG. Die anderen Wagen hier tragen regionale Nummernschilder. Auf dem Gelände der BMW-Werkstatt gibt es auch eine Telefonzelle – mit Wählscheibe! Sehenswürdigkeiten gibt es hier wirklich genug.
Glewe bedeutet ‚Stall‘ und hieß erst so, dann Neustadt-Glewe, dann sechs Jahrhunderte lang einfach nur Neustadt. Erst seit 1926 heißt es wieder so wie heute.
In der Umgebung liegt u.a. Wöbbelin, das man auch als Autobahnabfahrt kennt, und die Landeshauptstadt Schwerin ist nur 30 Kilometer entfernt.