Berlin/ Köln, Deutschland (Kulturexpresso). Und das bei dieser Hitze. Das, was die Tänzer von „Che Malambo – The Rhythm of Argentina“ da auf die Bühne bringen, ist einfach toll. Und es erklärt sich von selbst. Malambo ist ein typischer südamerikanischer Tanz. „Der Rhythmus Argentiniens“, das ist vielleicht ein kleines bisschen übertrieben, zeichnen doch viele Rhythmen das Silberland aus.
SO tanzen die Gauchos!
Bei aller Freude über den Sieg der deutschen Herren bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien schmerzte den Kosmopoliten, der trotzdem in der Lage ist, sich zu freuen, wenn Sportler seiner Heimat Wettbewerbe gewinnen, dass bei der Rückkehr der Helden ein Lied die Runde machte, das die argentinischen Vizeweltmeister verunglimpfte, zumindest die argentinischen Fußballer als Gauchos bezeichnete. Selten stoßen solche Verallgemeinerungen zuhause auf Zustimmung. Welcher Deutsche möchte schon als „Fritz“ oder „Kraut“ bezeichnet werden? Zudem alle Verallgemeinerungen genau das sind, Verallgemeinerungen. Viele dienten seit Generationen dazu, nach dem Prinzip ‚Teile und herrsche‘ sich über andere Völker zu erheben und von ihnen abzusondern.
Das diente nur der Waffenindustrie und den Kriegstreibern. Allein die Aussöhnung mit Frankreich unter De Gaulle und Adenauer beweist, wie richtig sie ist. Der Erzfeind war zudem nie einer, denn erst unter Friedrich II. kam es zu einem weithin bestaunten Wechsel der Allianzen. Preußen und das französische Königreich, damals der Nabel der Welt, eine Weltmacht, die DIE Weltsprache sprach, waren lange durch Bündnisse und kulturell gebunden. Österreich(-Ungarn), eine weitere Weltmacht, stand im Zweifel an der Seite Großbritanniens. Aus heutiger Sicht merkwürdig, dass die beiden deutschsprachigen Kurfürstentümer nicht verbündet waren. Und das, obwohl beide zum Heiligen römischen Reich deutscher Nation gehörten.
Daran änderte auch der Wechsel nichts. Im Siebenjährigen Krieg, der vielen als erster Weltkrieg gilt, fochten Brandenburger und Preußen an der Seite der Briten gegen Franzosen und Österreicher. Das Ende ist bekannt: Großbritannien gewann die Weltherrschaft durch seine Vormachtstellung auf den Weltmeeren. Die Franzosen, in Kanada zu Lande überlegen, wurden von ihrem Nachschub abgeschnitten.
Englisch wurde Weltsprache. Als sich manche Offiziere in Massachusetts gegen die britische Krone verschworen und einen siebenjährigen Unabhängigkeitskrieg führten, entstand ein neues Land. Deutsch war als Landessprache im Gespräch und unterlag Englisch nur knapp. Ab 1776 wurde die Weltsprache Englisch so weiter gefestigt.
Frieden und Kultur: Malambo ist dabei
Inzwischen ist klar: „Nie wieder Krieg!“ ist alternativlos. Schon die globale Erwärmung verbietet Kriege, die ungeahnte Zerstörungen anrichten. Von Moral und Ethik ganz zu schweigen. Dass die (zehn) Gebote während eines Krieges nicht befolgt werden, weiß jeder. Wettstreit darf sein, aber friedlich.
Brasilien kennt den Capoeira, eine Art friedlicher Kampftanz. Etwas aggressiver die US-amerikanischen Rapper-Battles, Poetry-Battles, Dance-Battles.
Malambo geht einen Mittelweg. Einen gewaltlosen. Die Gauchos führen musikalische und Tanzbattles durch. So könnte man es in der heutigen Zeit, in der die Deutschen sich, so scheint es, besser verstehen, wenn sie englisch sprechen, ausdrücken.
Malambo, der Tanz der Gauchos. Wer ist das eigentlich?
Gauchos haben nichts zu tun mit den Gauches oder Gauchers (sprich: Goosch und gooschee, französisch). Alexandre Jardin schrieb den wunderbaren Roman „Île des Gauchers“, den Eliane Hagedorn und Barbara Reitz ins Deutsche übersetzten. Die Insel der Linkshänder. Ein Ort, in dem die Liebe an erster Stelle steht. Noch über dem Job, meine Herren. Arbeit ist gemeint.
Wo wir nun sowieso schon englisch sprechen: Gauchos sind die argentinischen Cowboys. Sie sprechen spanisch. Argentinisches Spanisch. Und sie tanzen besser als ihre nordamerikanischen Kollegen, die auch als Kuhjungen arbeiten und auf einem hohen Ross sitzen.
Ihr Tanz ist der Malambo, in dem sich verschiedene Elemente mischen.
Der Tanz, so wie er auf der Bühne der Komischen Oper in der Behrenstraße gezeigt wird, erinnert an „Dance Battles“. Einer tanzt, nickt dem anderen zu: ‚SO, das musst Du erstmal nachmachen!‘ ‚Das kannst du nicht überbieten!‘ Der andere, oder eine andere Gruppe, lässt sich nicht lumpen und hält dagegen.
Ein bisschen erinnert es auch an indische Musik, wo ein Musiker dem anderen „antwortet“. Legendär die Berliner Konzerte des Tabla-Tarang- und Tablameisters Kamalesh Maitra aus Indien, dem die Amerikanerin Laura Patchen auf der Tabla antwortete.
Malambo verliert nicht viele Worte. Eigentlich muss man nur drei Worte sagen: Gehen Sie hin!
Alles andere werden Sie von selbst verstehen.
Wer in Berlin nicht in die Komische Oper kann, gehe in Köln in die Philharmonie.
In Berlin-Mitte fand am 24. Juli die Deutschlandpremiere statt. Bis zum 29.7. werden die 12 Meistertänzer in gedämpften rotem Licht die Zuschauer verzaubern. Das ist ein Naturgesetz. So ziemlich das einzige Wort, dass die Tänzer und Trommler im Chor verlieren, heißt: MALAMBO!
Die Instrumente dieser wirbelnden Wahnsinnstänzer sind Gitarre, Trommel und Schleuder. Noch nie gehört? Noch nie gesehen? Hingehen.
Die 12 Apostel des Malambos-Tanzes kamen nach Deutschland. Hören wir ihnen zu.
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Aus dem Pressemitteilungs-Wörterbuch:
Malambo-Glossar
Malambo: volkstümlicher Männertanz aus Argentinien
Bombo: zweifellige Zylindertrommel
Zapateo: (von zapatear = stampfen, tänzeln): Figuren mit rasanter Fußarbeit
Boleadora: Lasso mit Stein am Ende, ursprünglich eine Wurfwaffe für die Jagd
Der stolze Spanier ist sprichwörtlich. Wer hat schon einmal einen stolzen Argentinier gesehen? Es wird Zeit. Wer die Welt nicht besuchen will, kann in Städten wie Köln und Berlin warten, dass die Welt zu Besuch kommt. Jetzt sind gerade die Männer aus dem Silberland da.
Während sie ähnlich dem irischen Tanz mit viel Beinarbeit die Brust herausstrecken und Elemente der Tänze und Musik der Kolonialherren einbauen, tanzen sie ihren eigenen Tanz. Den Tanz der Gauchos, den Malambo.
Der Stolz ist berechtigt.
Gauchos gibt es auch in den Nachbarländern, in Brasilien, Uruguay, Paraguay und Bolivien. Argentinien spielte in vielerlei Hinsicht gern eine Vorreiterrolle in Süd- und sogar Lateinamerika. Ihre abgesehen von Brasilien, Surinam und Guayana überall bis hoch ins nordamerikanische Mexiko lesbaren Zeitungen gaben mit den Ton an. Buenos Aires hatte einen sehr guten Klang. Diktaturen und der Krieg um Malwinen, wie die Einheimischen die Falklandinseln nennen, führten zum gegenwärtigen Niedergang. Inflation, Schuldenkrise, das ganze Programm. Nie wieder Krieg, das denkt sich bestimmt so mancher Südamerikaner. Die unsinnigen Grenzstreitigkeiten mit Chile in Feuerland sind auch längst obsolet.
Wer soviel Platz hat wie Argentinien, kann bei Grenzlinien großzügig sein. Die Pampa gibt es wirklich und Patagonien ist ein eigenes Land, aber kein eigener Staat. Hier wäre Platz für mehrere jüdische Staaten gewesen. Die Überlegungen gab es. In Patagonien gibt es nicht nur Schafe und Tourismus, sondern auch Öl und Kohle. Und eines der wichtigsten alpinen Wintersportzentren des Kontinents. In Argentinien gibt es private Güter, die größer sind als so mancher europäische Staat.
Der Malambo der Gauchos ist ein weiterer Reichtum. Schön, dass die Argentinier ihn jetzt mit uns teilen.
Komische Oper Berlin
Opernkasse Unter den Linden 41, 10117 Berlin-Mitte
Mo-Sa 11-19 Uhr, Sonntag 13-16 Uhr
Abendkasse und Eingang:
Behrenstraße 55-57
10117 Berlin
jeweils eine Stunde vor Vorstellungsbeginn
Vorstellungen „Che Malambo – Tanz- und Rhythmusspektakel aus Argentinien“
Freitag, 27. Juli 2018 um 20 Uhr
Samstag, 28. Juli 2018 um 15 Uhr
Samstag, 28. Juli 2018 um 20 Uhr
Sonntag, 29. Juli 2018 um 14 Uhr
Karten zwischen Euro 39,50 und 74,50
Sowie im Anschluss in Köln, Philharmonie
(alle Angaben ohne Gewähr)
Che Malambo – das Ensemble
Die 12 Tänzer: Federico Arrua, Fernando Castro, Francisco Matias Ciares, Claudio Daniel Diaz, Miguel Angel Flores, Federico Gareis, Fernando Gimenez, Walter Kochanowski, Facundo Lencina, Gabriel Adrian Lopez, Daniel Medina, Matias Rivas.
+Artistic Director, Gründer, Konzept, Choreographie und Inszenierung: Gilles Brinas