„The One“ – ein Feuerwerk der Phantasie – Revue im Friedrichstadt-Palast mit Kostümen des Pariser Haute-Couture Modeschöpfers Jean-Paul Gaultier

© Friedrichstadtpalast Berlin

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Ja, ist es denn soweit, dass Berlin in puncto Haute Couture Modeshows endlich aufholt – weg von Fashion Week und Bread and Butter? Diesen Eindruck vermittelt insbesondere die erste Szene des Fantasystücks „The One“, wo in einer Clubtanzszene etliche der ca. 500 Kostüme, die der große Meister Jean Paul Gaultier kreirte zum Einsatz kommen: Irokesen- und Federhelme, Madonnas Kegelbustier, elegante Lack- und Leder-SM-Outfits, gestreifte Seemannsoberteile, Kreolinen mit Riesenhüften und Popos sowie Männer-Schottenröcke.

Der Plot – es gibt keinen roten Faden, erklärt eine sanfte Stimme im Off. Es geht um Liebe und dem/der One and only zu begegnen. Dieses wird in – leider zu große Längen produzierenden – Musicalsolosongs vermittelt. Es geht um einen jungen Mann (Sänger Roman Lob) im Schottenrock, Lederjacke und Mütze, dem die große Liebe begegnet. Die Bühne stellt einen ehemaligen Nachtclub dar, in der eine Clubnacht stattfindet. Regisseur Roland Welke zeigt in aufeinanderfolgenden Szenen und changierenden Bühnenbildern mit Lightshows eine quirlige Phantasiewelt nach der anderen. Das stetig durch LED-Projektionen variierende Bühnenbild zeigt Kreativität ohne Ende: Bindfäden-Tropfen, Wasserfälle aus Sand, ein Pool mit grünen Wasser wird geflutet, während Teile der Bühne in Schollen zurückweichen und eine Feuerhölle wird simuliert.

Superwitzig tanzen TänzerInnen in bunten Neoprenanzügen um eine Art Pool: Flossen-Stöckelschuhe und lange, bunte, gebogene Plastikrohre erzeugen eine Silhouette um die Körper, während Musicalstar Brigitte Oelke in langer Glitzerrobe von Liebe, Herzschmerz und ob die Bühnenkarriere alles sein kann, singt.

In einer anderen Szene bieten die beiden Trapezkünstlerinnen, die Zwillinge Ruslana und Taisiya Bazaliy und SeilakrobatInnen eine atemberaubende Show, die nächste Szene zeigt eine Art rote Hölle, in der ein Feuerkünstler seine Flammen spuckt, jongliert und in den Raum pustet, umgeben von TänzerInnen der Gruppe Farfadais in Kostümen, die wie mit Muskeln bemalt wirken.

Next: eine Truppe von in sexy, schwarzem Lack gekleidete Paare tanzen je um eine dieser Nightclubstangen – wirklich sehr sexy.

Die alle Genres der Moderne streifende Musik tritt fast in den Hintergrund, so sehr nimmt einen die Abfolge des Feuerwerks der Eitelkeiten gefangen: mit Disco, Rock und romantisch-langsam umgarnt sie die Sinne – leider teilweise zu laut!

Last but not least kommt in den zweieinhalb Stunden nach der Pause dann auch endlich die lange Reihe lange, netzbestrumpfte Beine schwingende Reihe der 32 Revuegirls zum Zuge – dem Markenzeichen des Friedrichstadt-Palastes. Die Musik klingt verheißungsvoll und die Girls beginnen mit imposanten Rhythmus im Gleichtakt die Beine zu schwingen, das Publikum will schon rhythmisch mitklatschen, dann ein slow down – diese Abfolge erfolgt drei-/viermal bevor die Tanztruppe richtig loslegt in ihren Kostümen, die vortäuschen, sie seien halbnackt bis auf schwarze Unterwäsche – einfach bezaubernd!

Der riesige Friedrichstadt-Palast ist fast ausverkauft und das Publikum zeigt sich begeistert.

Am Schluss sammelt das Ensemble dann noch für krebskranke Kinder an den Ausgängen– eine sehr noble, ehrenwerte Geste der Welt des schönen Scheins.

* * *

Friedrichstadt-Palast, Friedrichstraße 107, Berlin-Mitte, Dienstag bis Freitag, 19.30 Uhr, Samstag 15.30 und 19.30 Uhr, Sonntag 15.30 Uhr. Infos:

Anzeige

Vorheriger ArtikelSpannendes Finish. Fest der finnischen Musik in der Passionskirche in Berlin-Kreuzberg
Nächster ArtikelAlle schönen Erinnerungen. Die junge Komponistin Terhi Dostal begleitet Weihnachtslieder aus Finnland am Flügel