Thomas Klupp bereichert das Genre des soften Arschlochromans um eine kleinstädtisch gleich bayerische Variante

"Wie ich fälschte, log und Gutes tat" von Thomas Klupp.
Thomas Klupp: "Wie ich fälschte, log und Gutes tat". © Berlin-Verlag

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Hand aufs Arschgeweih, wer von uns möchte nicht nochmal sechzehn sein und den ersten Hauch von Sex und Drogen atmen?

Thomas Klupp schickt uns via Benedict Jäger, von seinen Freunden Dschägga genannt, auf eine kleine Tour durch das halbmalade Weiden, eine Fucking Kleinstadt in der Nähe der tschechischen Grenze, wo Chrystal Meth wie Leberkäse noch günstig und voll die Natur sind.

Dschägga, schulisch gesehen ein Vollversager, hat in seinem kurzen Leben als überforderter Gymnasiast schon allerhand Dinge angestellt, die Provinzeltern (Mutti Hausfrau, Vati Chefchirurg) in Sinnkrisen stürzen können. Er fälscht die Unterschrift seiner Eltern, betrügt professionell bei Klausuren und Aufsätzen und setzt seine kreative Ader ein, um schulisch gesehen mit dem Arsch an die Wand zu kommen.

Den Lebenssinn findet er beim Tennisspielen mit männlichen Artgenossen. Bei der Aftershow im lokalen Bummsclub für Jugendliche und Junggebliebene geht es robust zu, immerhin kommen sie dort gut an Softdrogen und billigen Alkohol. Seine Nächte sind einsam, ab und an berückt er sich mit der hohlen Hand und träumt vom ersten Mal.

Unerwartet tut sich ein Spalt auf, als eine der Kleinstadtschönheiten Dschägga für eine Scheinexistenz bucht. Als Gegenleistung für öffentlichkeitswirksames Knutschen mit der holden Maid muss er beispielsweise als Zeuge für eine verruchte Nacht (Crystal und Blümchensex) herhalten.

Auch Dschäggas Mutti ist eine Meisterin des Blendens, um ihren schalen Hausfrauentreffen etwas Glamour überzuhelfen, ruft Dschägga sie regelmäßig während diesen Treffen an und Fakepalavert mit ihr über teure Reisen, Opernbesuche und ähnlichen Schnulli, der in diesen Kreisen angesagt ist.

Achja, die dummen Streiche der Reichen, man kann gar nicht früh genug damit beginnen. So richtig doll böse und fies sind die Gestalten des Buches nicht, keiner tut dem anderen wirklich weh, auch wenn sie allesamt in der allgemeinen Arschlockskala einen der vorderen Plätze einnehmen. Richtig Fahrt nimmt die lässige Schnurre auf, als der böse und vom Krebs schon ordentlich zerfressene Lehrer Sargnagel die Gymnasiasten ernsthaft zu knechten beginnt. Ausgerechnet in Mathe und Physik! Die schlimmsten Fächer der Welt! Selbst mir rieselt es, fast 40 Jahre nach meinem Abiturabbruch, noch eisig den Rücken herunter. Der aasige, halbtote Greis wird in einer konzertierten Aktion zur Strecke gebracht, als Dschägga und seine bekloppten Tenniskumpels endlich mal was Gutes tun. Wenigstens beziehe ich den dritten Teil des Buchtitels darauf. Ob ich richtig liege? Lest selbst dieses pittoreske Jugendbuch, das in seinen schönsten Momenten an Tom Sawyer gemahnt. Summa Summarium ein Buch für die ganze Familie, selbst die lieben Kleinen (FSK 14) kann man damit behelligen, insofern sie noch wissen, was ein Buch ist.

Bibliographische Angaben

Thomas Klupp, Wie ich fälschte, log und Gutes tat, Roman, 256 Seiten, Hardcover, Berlin Verlag, Berlin 2018, ISBN: 3-8270-1366-8, Preise: 20 EUR (D), 20,60 (A), E-Buch: 17,99 EUR

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