„Vilm“ – Der Film des Jahres? Der Film des Monats? Immerhin der einzige bei den Dreharbeiten ‚live gestreamte‘. Ein Crowd-Funding-Unterfangen.

COPYRIGHT 2023 Photo Andreas_Hagemoser, Aufnahmedatum und -ort 8.9.2023 Berlin-Schöneberg (Insel).

Potsdam, Deutschland (Kulturexpresso). Der „Vilm“ ist ein Film ist ein Film. Beziehungsweise: Es wird ein Film sein. Wahrscheinlich. Denn bis jetzt ist er weder fertig noch finanziert. Während des Kulissenbaus auf der Straße wurde wohl Puffmais „verkauft“ gegen Spende. Ob in einer kleinen Nebenstraße auf der Schöneberger Insel da überhaupt jemand angebissen hat, ist fraglich. Auch irritierte den Fußgänger die Preisabweichung zwischen den beiden „Preisschildern“ an der Straße. Irgendwo Nähe Cheruskerstraße stand an einem Pressspanreststück, das an einem Verteilerkasten lehnte und wie Sperrgut anmutete „Popcorn“. „Corn“ ist englisch und bedeutet „Mais“. Das Wort ist ein sogenannter ‚falscher Freund‘, ein false friend, wie man Wörter nennt, die einen nicht freun‘.

Exkurs: falsche Freunde

Da gibt es zum Beispiel das englische Wort „sensitive“. Es hat mehrere deutsche Bedeutungen, darunter ’sensibel‘. Sie ahnen schon, sensitiv ist nicht dabei. Nur tiefsprachlich. Das Gegenteil von hochsprachlich. Tief fällt man zum Beispiel in eine Grube oder Falle, wenn man 1:1 eingedeutscht nachspricht und nur ein bisschen die Endungen poliert und „Cs“ zu „Zs“ oder „Ks“ macht.
Manchmal scheint uns, dass im Hintergrund Thinktanks arbeiten – nein, das sind keine Panzer, auch wenn sie Zerstörungen anrichten können, zum Beispiel in einer hiesigen, nichtenglischen Sprache – die dafür sorgen, dass solche Fehler in Zukunft weniger auftreten. Methode: Die deutsche Sprache so verändern, dass sie dem Angelsächsischen immer mehr ähnelt.

Zurück zum Film „Vilm“, einem Videofilm oder einem Spielfilm in einer Videothek – einem, der in einer Videothek spielt!

Wenn man mit Wörtern spielt, gibt es Wortspiel. Wenn man Filmen spielt – ein Filmspiel? „Das kleine Fernsehspiel“ war ein meist spät gesendeter Fernsehspielfilm für das anspruchsvollere Publikum, das, wenn es nicht zu den Nachteulen gehörte, sich über den späten Sendeplatz beschwerte.

„Sendeplatz“ ist für die heutige Generation, die sich treiben lässt im Hauptstrom (mainstream), unverständlich. „Ich streame, wann ich will!“ Den treuen Fernsehzuschauer älteren Semesters ärgert ja schon der live ausgestrahlte Veranstaltungshinweis in eigener Sache, der in der ARD oder dem ZDF, das wir alle heftig mitfinanzieren, ob wir wollen oder nicht (Zwang nennt man sowas), ungefähr so endet: [Krimi XY mit dem berühmten deutschen Schauspieler Hans Michel (den keiner kennt)] „Am Sonntag um 22 Uhr 15 – oder schon jetzt in der Mediathek.

Geschenke werden nicht vorher aufgemacht und gratuliert wird zum Geburtstag auch nicht eine Woche vorher. Aberglaube hin oder her. Doch das ganze Schauverhalten ist jetzt in einer von vielen als ungesund gesehenen Schieflage. Für die, die es noch anders kennen und vielleicht sogar noch die Zeit, als im eigenen Wohnzimmer kein Fernsehgerät stand, erst recht.

Es gibt keinen Sonntag mehr, keine Wochenende, Weihnachten beginnt im September, es gibt keinen Unterschied von Tag und Nacht mehr, nur noch „Empfang“ oder, Gott behüte, „kein Empfang“. Früher war ein Empfang etwas, wo man empfangen wurde, wozu man sich gut anzog und sich freute, wichtige Leute zu treffen, Häppchen zu essen (wer nicht weiß, was das ist: es gab FLYING SERVICE) und ein Gläschen zu genießen. Heute fliegen einem die Daten um die Ohren wie nichts Gutes und sogar durch den Körper hindurch, solange die Dienstleistung des service providers erbracht wird. „Bis zum Erbrechen“, hören wir uns sprechen. Das geht auf den Magen, höre ich mich sagen.

Alt wie der Sendeplatz und das Fernsehspiel ist auch die Videothek.

Den „Vilm“ wird es in der Videothek wohl nicht geben, aber eine „Videothek“ ist im „Vilm“

Eine Videothek. Ab 2031, in den Dreißiger Jahren des 21. Jahrhunderts, wird die Oma erklären müssen, was das war. In den 1930er Jahren gab es zwischen frisch eröffnetem Funkturm und der Kaiserdammbücke, wo modern die U-Bahn unter der Fahrbahn, aber über den Bahngleisen fuhr, das erste Fernsehstudio der Deutschen Reichspost. In der Reichshauptstadt selbstredend.

Alternativ zur Großmutter könnte in den 2030ern auch eine DVD des „Vilm“-Films eingelegt werden um zu zeigen “ So, siehste, sah eine Videothek aus!“ Dabei ist die Videothek am Set noch nicht einmal echt. Der Berliner Wohnungsmarkt ist zu umkämpft und das Bauen Häusern zu anstrengend, als dass man viele schafft. Deshalb wird das Alte schnell auf den Schrotthaufen geschafft. Ein Videothekeneinrichtung hat im Lager überdauert und wurde in einem Schöneberger Ladengeschäft wiederaufgebaut. Durch die „Berliner Mischung“ – Wohnen, Gewerbe und Ladengeschäfte (und Fabriketagen) in fast jedem Haus, mindestens in fast jeder Straße stehen heute viele Läden leer. Gekauft wird in neuen Quartieren, in größeren Geschäften, die die Auswahl bieten die heute erwartet wird. Eine kleine Auswahl bietet lohnend der Einzelhandel nur an, wenn diese nah am Kunden ist oder zu außergewöhnlichen Öffnungszeiten. Beides kann der Späti, deshalb gibt es ihn. Tankstellen kommen ja sowieso gerade aus der Mode.

In diesem ruhigen, ehemaligen Ladengeschäft ist nun vorn die Videoausleihe, im Flur eine weitere Kulisse und im Hinterzimmer eine gemütliche Atmosphäre wie im Wohnzimmer, mit einem großen Sessel (zum Reinsetzen!), aus dem man nur aufspringt, wenn Kundschaft kommt.

Es strömt so schön

Die Kulisse ist liebevoll und kann gestreamt gesehen werden bei den Dreharbeiten. Streamen heißt, sehen, wann und wenn gedreht wird. Im Gegensatz zu einem Video, einer Videokassette oder einer DVD, braucht man aber Empfang. Und, wenn es vorbei ist, ist es vorbei. Wenn gerade nicht gedreht wird, wird auch nicht gestreamt. Und die DReharbeiten von gestern hat man entweder gestern gesehen oder man kann sie sich nie wieder ansehen. Es strömt so schön. Aber da schwimmen einem schon mal die Felle weg. Das hat niemand gern.

Anders in der Mediathek, einer Art Videothek von heute. Man muss da nicht mehr mit seinem Hintern hin, sondern hat alles auf dem Schoß, wenn man die Finger über die Tastatur fliegen lässt. Sogar wenn man die Hände in den Shcoß legt, kann man den Rechner bedienen und Sichtbares auswählen, wenn man nicht mundfaul ist und die Sprachsteuerung benutzt. [Bitte am Rande man beachten, hier wurde ‚Voice control‘ mal richtig übersetzt. Es geht nicht um „Kontrolle“, es geht um Steuerung! „To control the society“ bedeutet, die Gesellschaft zu steuern, nicht, sie zu „kontrollieren“. Es geht nicht um Überprüfung oder das Kontrollieren von Handlungen (und vielleicht bald oder heute schon Gedanken). Es geht um die Steuerung unserer Handlungen! Das mal für die gesagt, die vor ‚Kontrolle‘ keine Angst haben. Sie haben das Wort nicht richtig verstanden, weil es falsch übersetzt wurde.- Auch so kann man steuern.]

Da es bei diesem Film eine Regie gibt, einen Hauptdarsteller (beide im Bild vor der Schaufensterscheibe zu sehen (R. li., D. re)), eine Regieassistenz bzw. Produktionsassistenz, Kameraleute, Lichtleute, Tonleute usw. usf. könnte man denken. „Die haben doch das Geld. Läuft doch alles. Ja und nein. Die ist eine Low-budget-Produktion, eine mit schmalem Budget, einem kleinen Haushalt. Bei den ganz kleinen nennt man das mit einer Hyperbel No-budget-Produktion. An diesem begriff stören sich Autisten, denn es ist ja trotzdem Geld da, wenn auch sehr sehr wenig.

Was die Eigenwerbung über den „Vilm“ preisgibt

Eine Werbepostkarte für den „Vilm“, die zum Beispiel auf dem nahegelegenen S-Bahnhof Julius Leber-Brücke auslag, gibt weniges preis.

„“VILM“ spielt im Jahr 2001, an einem Sommer-Tag in einer Berliner Videothek, …“ also vor dem 11. September, wo wir Viedos von videos sahen von Flugzeugen, die in hohe Gebäude hineinfliegen. [Woher die Produktion das Geld für den Bindestrich in dem Wort „Sommertag“ hatte, ist der Redaktion nicht bekannt.] Obwohl die Videothek nicht in dem Sinne echt ist, als das dort einmal Videos verborgt worden seien, ist das Ladenmobiliar echt. Echt ist auch Berlin, da Schöneberg dort wirklich liegt. Die Schöneberger Insel ist sogar typisch Berlin. Sie ist nicht von Wasser umgeben wie Moabit, sondern von Gleisen.

Und Sommer haben wir jetzt auch noch. Doch wie lange noch? Der kalendarische Herbstanfang ist dieses Jahr am 23. September ’23, einem Samstag. Laut Verkehrsschildern dauern die Dreharbeiten bis zum Tag der deutschen Einheit und damit in der Herbst und sogar in den Oktober hinein. Sie dauern so lange wie die Wies’n in München, das Oktoberfest. Der „Sommertag“ ist also ein Fake. Kino ist ja immer fake. Spielfilme sind ja Fiktion. Also bitte nicht meckern.

„“Vilm“ spiel 2001 […], ist manchmal lustig, manchmal traurig, manchmal romantisch, manchmal absurd, soll eine Zeitkapsel sein für die Videothekenkultur [wir stellen uns gerade einen Vergleich mit der phönizischen Kultur oder mit der Kultur der Bandkeramik vor], die uns leider verloren gegangen ist, und ihre Mitarbeiter darin.

Es ist eine Geschichte über Originalität, übers Filmemachen, über alte Katzen und sexistische Regisseure, komische Kunden und Mini-DV, VHS, DVD – und darüber, warum Liebe manchmal einfach nicht genug ist.

„Vilm“ ist eine Mischung aus „Oh Boy“ und „High Fidelity“, angesiedelt im inzwischen leider längst vergessenen Zauber der Berliner Videotheken.“ [Schreib-/ Druckfehler im Zitat wurden korrigiert. d.Red.]

2024 wird es soweit sein. Soll sein. Soweit nicht im Soll, sondern solvent

„Verfolgt live, wie VILM entsteht, auf TWITCH.TV/VILM_FILM.“ „Der erste komplett live-gestreamte Filmdreh.“ „Unterstützt uns auf Smartnext.com/Vilm“. Bei insta sind die auch.

„VILM, ein Coffus-Hoffmann-Spielfilm produziert von bubu [Eigenschreibweise].“

„‚ Ein Tag ohne Film ist … irgendwie ein verlorene Tag.'“ – Gregor Vinh Khoa NGUYEN. Das muss der Hauptdarstelle sein. Es ist rechts im Bild. Der Regisseur links.

„Vilm“ – im Kino 2024.

So Gott will. Und Sie. Ein guter Ansatz.

Nostalgie? Geschichte sollte man unbedingt kennen; auch Technikgeschichte. Gerade in der „Unterhaltungs-“ und „Kommunikationstechnik“ sind wir inmitten von Veränderungen, die sehr sehr weitreichend sind. Vielen ist das nicht bewusst.

Die gute alte Zeit, die Volksgesundheit und der kleine Schnack am Tresen

Es scheint nur eine kleine Veränderung zu sein, ob man einen Film aus der Videothek holt oder per Post bestellt (oder elektronisch). Angeblich spart das Zeit. Selbst wenn: Zeit wofür? Der Mensch ist ein soziales Wesen. Fachsimpelei, das Gespräch in der Videothek über die besten gesehenen Filme, vielleicht (echte)Freunde, die man dort gewinnen kann (konnte) – all das kann Elektronik nicht ersetzen.

Nicht mehr zur Videothek zu gehen, hat sogar (volks-) gesundheitliche Folgen. Diabetes und Haarausfall haben Zehntausende schon unter 40 und unter 30! Die Zahlen von Kurzsichtigkeit steigen im ganzen Land dramatisch an. Sogar Haltungsschäden stellen sich vor 40 ein. Das Handy wird falsch gehalten, nicht vor sich, sondern unten. Der Nacken wird steif. Das passierte früher Männern ab 70 und Frauen ab 80.

Wer keinen Hund zum Gassi gehen hat und keine Kinder, die einen zur Bewegung zwingen, ist auf den Hund gekommen.

Die Lösung ist einfach. Wie so oft. Zu Fuß gehen, Fahrrad fahren.

2 Stunden vor einem Film sitzen – OKAY. Aber wo bleibt der Ausgleich? Allein die Augen leiden schon wegen gefährlicher Bildschirme, LED-Licht und der Tatsache, dass der Abstand zum Betrachteten sich nicht ändert (nicht verändert wird – Sie haben es in der Hand!), keine Pausen eingelegt werden. Das Plumpsklo hatte auch Vorteil. Man musste weit hinlaufen. Biomüll dreimal am Tag hinunterbringen, lohnt sich nicht nur im Sommer wegen der Fruchtfliegen. Ein Brief zum Briefkasten zu bringen statt eine E-Mail zu schreiben, bringt den Körper auch in Bewegung.

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