Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Wäre die Stadt Wolfsburg ein Mensch, würde man langsam sagen: ein stattliches Alter! Als Stadt ist sie eher jung. Trier, Worms und Speyer, überhaupt die Römerstädte südlich des Limes haben bis zu 2 Jahrtausende überdauert. In Niedersachsen gibt es mittelalterliche Städte wie Lüneburg, die über eintausend Jahre alt sind – Lüneburgs Gründungsjahr ist 956 n.Chr., die einzige erhalten gebliebene der norddeutschen Backsteingotik ist eine alte Salzstadt. Ein stadtliches Alter hat Wolfsburg nichtsdestotrotz.
Wozu Wolfsburg? Es ist ein Kind seiner Zeit und konnte erst nach der industriellen Revolution entstehen. Sie, die Stadt Wolfsburg, ist eine Gründung des Nationalsozialismus, wie die Zahl 1938 schnell verrät. Das Staatssystem, das außer dem Kriegsausgang wenig dem Zufall überließ und mit Fünfjahresplänen arbeitete wie später die DDR, entschied zentraL: Wir brauchen den Kraft-durch-Freude-Wagen. Kraft durch Freude war ein Slogan, hinter dem die Freizeitgestaltung des „Arbeiters“ steckte. Kreuzfahrtschiffe wie die „Wilhelm von Gustloff“ wurden gebaut, ein Automobil fürs Volk sollte die noch recht leeren und seltenen Reichsautobahnen „bevölkern“.
Die Freude bei der Freizeit sollte den „Volksgenossen“ stärken, seine Arbeitsleistung erhöhen sowie seine Treue und „Motivation“ stärken. Ähnlich wie für Prora, wo auf Rügen ein Riesenurlaubshotel in Strandnähe fast fertig gebaut wurde, kam der Krieg zu früh oder dazwischen. Die Gebäude erschrecken bis heute durch Monströsität und den traurigen Gedanken, dass hier eine Menge Zeit und Kraft verschwendet wurde, ohne dass je jemand einziehen und Urlaub machen konnte.
Wolfsburg wurde erfolgreicher, doch der KdF-Wagen zunächst nicht gebaut. Kriegswichtige Produktion war das Stichwort. Doch die Anlage war gut gelegen oder, wie man heute sagen würde: gut positioniert. Am Mittellandkanal, der das Deutsche Reich mitten durchquerte, konnten Massen- und Stückgüter optimal nach Ost und West transportiert werden. Erst die deutsche Teilung, die auf den verlorenen Krieg folgte, machte Wolfsburg zum Zonenrandgebiet und die Lage ungünstiger.
Was soll das Volk wagen?
Doch der dort hergestellte deutsche Volkswagen wurde trotzdem ein Symbol des Wirtschaftswunders.
Es reicht nicht, ein Werk zu bauen, auch die Arbeiter und ihre Chefs und die Verwaltung müssen irgendwo wohnen, am besten in der Nähe.
Gifhorn, Braunschweig und Wolfsburg bilden ein Dreieck, in dem heute arbeitsteilig gewohnt und eingekauft wird. Der Kern ist das „alte“ Wolfsburg mit dem Werk 1.
Die drumherum liegenden Dörfer wurden meist erst später eingemeindet, als die CDU-geführten Bundesregierungen die Macht verloren und die sozialliberale Koalition Dörfer eingemeindete oder zu „Samtgemeinden“ bündelte.
Um das Werk machen alle Wolfsburger einen großen Bogen
Das lässt sich nicht vermeiden, muss und will man irgendwohin. Immer muss man um das Werk herumfahren, das direkt am Kanal liegt und einen eigenen Gleisanschluss hat.
Der Mittellandkanal muss für Straßen und Fußgänger überbrückt werden und so kommt es, dass man etwa im Norden vom alten Schloss aus auf der Bundesstraße und ehemaligen Reichsstraße Richtung Westen nach Gifhorn fährt etwa bis Weyhausen und dann nach Süden abbiegt – oder südlich des Kanals an Bahnhof und „Phaeno“-Veranstaltungsort aus nach Westen fährt Richtung Sülfeld und Fallersleben.
Wie man es auch dreht, man kommt um das Werk nicht herum.
Beziehungsweise muss um es herum.
Man muss um das VW-Werk immer einen großen Bogen machen.
Auch wenn man es ins Herz geschlossen hat.
Stadt Wolfsburg – geplante Stadt ohne Kirchen
Dem Reichskanzler schienen Kirchen für die Reißbrettstadt entbehrlich. Wer einer Religion angehörte und partout zum Gottesdienst wollte, sollte doch woandershin gehen. Doch vieles kam anders. Es wird nicht so heiß gegessen, wie gekocht wird. 1938/39 liefen nicht in großer Zahl Wagen vom Band, dass Ford erfand. Das 1000jährige Reich dauerte in der Stadt Wolfsburg nur 12 Jahre.
Inzwischen gibt es einige Kirchen, auch katholische. In einer wird der mexikanische Totenaltar gezeigt, eine große Tradition um Allerheiligen in Mexiko. Von dort kommen viele Arbeiter und Angestellte und ihre Familien.
Eine internationale Stadt
120 Nationen sind in der Stadt Wolfsburg vertreten.
Einige zahlenmäßig stark. Es könnte sein, dass diese niedersächsische Stadt Deutschlands größte Mexico-Community beherbergt. In Puebla, der „Partnerstadt“, steht ein großes nordamerikanisches Werk.
Volkswagen ist das wichtigste deutsche Unternehmen in Mexiko. VW baute das Werk in Puebla 1964. Genau genommen ist Puebla „Freundschaftsstadt“. Eine Städtepartnerschaft ist mit noch mehr Austausch der Institutionen verbunden. Die Fast-Städtepartnerschaft brachte Frau Alia Lira-Hartmann mit dem Ex-Oberbürgermeister Rolf Schnellecke auf den Weg. Der jetzige OB Klaus Mohrs hat diese Städte-Freundschaft gepflegt. Auf Einladung der Stadt Wolfsburg waren Vertreter Pueblas bei den Feierlichkeiten 80 Jahre Stadtgründung. Frau Hartmann fühlt sich als Wolfsburgerin. Sie ist nur ein Beispiel für viele engagierte Bürgerinnen und Bürger – Deutsche, Mexikaner und andere.
Auch das andere Land, das eine senkrecht dreigeteilte grün-weiß-rote Flagge hat, Italien, schickte viele Werktätige, die hier eine neue Heimat fanden. Später gründeten engagierte Bürger eine deutsch-italienische Freundschaftsgesellschaft, die die kulturellen und sonstigen Beziehungen zwischen der großen italienischen Gemeinde und den deutschen Nachbarn fördert. Solche bilateralen Gesellschaften gibt es auch mit anderen großen Nationen.
Es gibt viele Gründe, zu feiern.
So 20 Jahre Freundschaft mit der polnischen Stadt Bielsko-Biala. Eine kreisfreie Stadt in der Woiwodschaft Schlesien.
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag und weiter alles Gute!
Geschenke und Feiern zum 80. der Stadt Wolfsburg
Die Unternehmen der Volkswagen-Gruppe schenken der Stadt Elektroauto-Ladestationen im Wert von 10 Millionen Euro, wie Freitag abend bei einem Festakt verkündet wurde. Eine gute Idee. Eine Win-win-Situation. Automobilbezogen und ein Gewinn für die Stadt, denn was nützen die Elt-Autos, wenn man sie nicht in einem engmaschigen Netz laden kann. Gut auch für die Besucher, und Touristen gibt es hier nicht zu knapp.
Die Stadt wird durch elektrische Wagen auf die Dauer auch leiser und lebenswerter. Die viel beschrieene Lebensqualität wird hier und überall, wo die leisen Renner fahren, ansteigen.
Das hochkarätige Programm der Feierlichkeiten voller Konzerte unter www.wolfsburg.de www.wolfsburg.de.
In den vergangenen fünf Jahren seit dem jüngsten großen Stadtfest zum 75. gab es immer wieder überregional interessante Veranstaltungen wie diese im Phaeno: La donna phaenomenal: Die Schriftstellerin Gioconda Belli liest aus ihrem neuen Buch „Mondhitze“
Und natürlich spielt neben der Kultur auch der Sport im Stadtleben eine wichtige Rolle, besonders der Fußball: