Wido 40 oder WD-40? Die Wilmersdorfer Straße in Berlin-Charlottenburg wird 300 und 40

Einkaufszentrum "Arcaden" in der Wilmersdorfer Straße zwischen Goethe- und Schillerstraße. © Foto: Andreas Hagemoser, 2016

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Die Wilmersdorfer Straße in Berlin-Charlottenburg zählt zu den beliebtesten Einkaufstraßen Deutschlands. Dazu beigetragen hat die Einrichtung einer Fußgängerzone im Anschluss und Zusammenhang mit dem West-Berliner U-Bahnbau der Linie 7, die im Westen inzwischen am Rathaus Spandau endet.

Die Fußgängerzone der Wilmersdorfer Straße in Berlin-Charlottenburg – nur möglich durch U-Bahnbau und neue Verkehrsführungen

Reste der Dachkonstruktion, Eingang U-Bahnhof Wilmersdorfer Straße U-Bahn-Linie 7 (U7) und provisorische Fahrstraße zur Baustelle, 60er Hausnummern
Bauarbeiten in der Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße Ecke Kantstraße am U-Bahnhof der U7. Lampenmast im Vordergrund ist Teil der abgebauten Überdachung. © Foto: Andreas Hagemoser, 2016

Da die West-Berliner nach dem Mauerbau die S-Bahn boykottierten, um damit ihrem Protest gegen das Aus- und Einsperren der Ost-Berliner und Brandenburger Ausdruck zu geben, investierte der Westen viel in neue Bus-und U-Bahnlinien. Die Buslinien verkehrten teilweise parallel zu S-Bahnlinien, so die A 65 zur Ringbahn S4 und der 66er über die AVUS in des Südwesten Richtung Wannsee (S7).

Neue U-Bahnlinien, die auch die Wilmersdorfer Straße in Berlin-Charlottenburg anbanden – Folge des Mauerbaus

Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße Ecke Kantstraße am U-Bahnhof der U7 mit Behelfsstraße für die Bauarbeiten an der Westseite. In diesem Teil gab es eine Straßen-Überdachung. © Foto: Andreas Hagemoser, 2016

Die Linie G (heute die orange Linie U9) verband das neue, unfreiwillige Zentrum der Freien Berlins, also der Sektoren unter der ultimativen Militärverwaltung Frankreichs, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika, mit seinem nahen Norden (Wedding) und Süden (Steglitz). Die Linie U7, die „blaue“, genauer: die hellblaue, ist inzwischen die längste U-Bahnlinie Deutschlands. Als könne ihr der Rekord streitig gemacht werden, soll sie jetzt noch verlängert werden, damit man endlich zum Flughafen Berlin-Schönefeld mit der U-Bahn fahren kann. Da ist der Flughafen außerhalb der Stadtgrenze, den es schon seit DDR-Zeiten gibt.

Der Längenrekord war in der 1970ern nicht abzusehen. Die Überlegung, eine Fußgängerzone einzurichten, gab es. Es sollte die erste im Berliner S-Bahnring werden. Die allererste gab es nämlich schon im Westberliner Tegel: Die Gorkistraße. Auch in Ostberlin wurden später Fußgängerbereiche eröffnet. So in der 80er Jahren die Kastanien-Zone unweit der heutigen „Gärten der Welt“, in denen Karin Bretzinger immer wieder Geschichten erzählt.

Die langsamere wirtschaftliche Entwicklung in den Ländern des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RgW) und der geringere Wohlstand führte zu einer geringeren Anzahl von kleineren Kraftfahrzeugen auf den Straßen, die das Problem von Staus und Übermotorisierung im Osten Berlins nicht so schnell erkennen ließen.

Buchveröffentlichung gleichen Namens zur Wilmersdorfer Straße in Berlin-Charlottenburg

Buchhandlung Goethe- Ecke Wilmersdorfer Straße in der Westberliner Fußgängerzone 2016, am Abend, im Dunkeln
Buchhandlung in der Wilmersdorfer Straße Ecke Goethestraße. © Foto: Andreas Hagemoser, 2016

Kurz gesagt betreffen die 40 Jahre, die heute seit 1978 gefeiert werden, nur die Fußgängerzone. Die eigentliche Straße, die einzige die anfangs zwei Namen trug, war Teil des Gründungskonzepts Charlottenburgs im Barock. Beim Tode Sophie-Charlottes 1705, Tochter des Kurfürsten von Lüneburg-Braunschweig, entschied sich der tief trauernde König in Preußen und brandenburgische Kurfürst Friedrich III., das Schloss nach ihr zu benennen und eine Stadt zu gründen. Die kurfürstliche Privatstadt mit einem Schachbrettmuster an Straßen baute auf drei Spreestraßen auf. Sieverliefen parallel und nahmen ihren Ausgang am Fluss; die uns interessierende ist die mittlere der drei. Die „Lange Spreestraße oder Wilmersdorfer Straße“ trägt heute nur noch einen Namen. Sie führt jetzt nicht mehr bis ans Spreeufer, wurde aber im Süden bis zur Charlottenburger Stadtgrenze am Kurfürstendamm verlängert. Dort in der Nähe wohnte einst Einstein.

Ausführlich geht das Buch „Die Wilmersdorfer Straße in Berlin-Charlottenburg“ darauf ein. Es hat eine ISB-Nummer. Ende 2013 erschienen, war es nach wenigen Wochen ausverkauft.

Das in der Wilmersdorfer auch kulturell einiges los ist, sogar in der Fußgängerzone, darunter neue Entwicklungen seit Erscheinen der erstklassigen Monographie, davon zeugt folgender Artikel: Die Wilmersdorfer hat einen neuen Konzertsaal!

Eleonora Kotlibulatova und Evgeny Beleninov in der Wilmersdorfer Straße in Aktion. © Foto: Andreas Hagemoser, 2017

Am Sonntag, den 1. Juli 2018 wird von 13-18 Uhr verkaufsoffen sein und in und außerhalb der Geschäfte und Arkaden vielfältig gefeiert werden. Teils bewölktes, aber trockenes Wetter kommt dem entgegen. Die Fußgängerzone ist auch vom U-Bahnhof Bismarckstraße (U2/ U7) aus erreichbar und mit weiteren Buslinien (M49, X34, X 49, 309 u.a.). Die Wilmersdorfer erreicht man auch vom Kudamm (U Adenauerplatz, Bus 109, 110 M19, M29, X10) und vom am Rathaus Charlottenburg gelegenen Richard-Wagner-Platz an der ehemaligen Breiten Spreestraße, später Spreestraße.

Da hat es ‚klick‘ gemacht (… und das Kinosterben war zu Ende)! In Berlin-Charlottenburg macht ein Filmtheater nach langer Zeit wieder auf

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