Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Dass Ottessa Moshfegh eine der besten Autorinnen der Gegenwart ist, das wussten wir schon länger. Nun haut sie mit „Lapvona“ eine Allegorie des Menschseins raus, die ihresgleichen sucht. Böse ist der Mensch, kleingeistig und gierig. Diesem Motto folgen im feudalistischen Kleinstaat Lapvona die Menschen. Ist es ein Amerika der Zukunft, ein Blick in den Spiegel oder ein stinknormales mittelalterliches Gemetzel?
Normales mittelalterliches Gemetzel? Zunächst wirkt alles sehr weit weg von unserer Gegenwart, wir haben ein Dorf und ein Schloss, Soldaten und Banditen, wenige Reiche und viele Arme. Den Schäfer und seine Missgeburt. Aber ist das so? Nach und nach schleichen sich märchenhafte Elemente in den Text, die bei den Gebrüdern Grimm bekanntermaßen selten harmlos daherkommen, es wird gebrandschatzt, gemordet, kannibalt und vergewaltigt, bis eine ruhigere Phase beginnt und alle Häuschen gemütlich rot angestrichen werden. Doch man traue Ottessa Mosfegh niemals über den Weg! Sie knallt uns das Menschsein um die Ohren, webt in jeden noch so hübschen Blumenzopf das Haar einer Umgebrachten ein – und zeigt uns im Abgrund unser eigenes Spiegelbild.
Bibliographische Angaben
Ottessa Moshfegh, Lapvona, Roman, 336 Seiten, Übersetzerin aus dem vs-merikanischen Englisch: Anke Caroline Burger, Verlag: Hanser Berlin im Konzern Carl Hanser Verlag, München, 1. Auflage 2023, ISBN: 9783446275843, Preis: 26 EUR (Deutschland) auch als E-Buch erhältlich für 19,99 EUR