Das letzte Schlupfloch – Zum Roman „Planet ohne Visum“ von Jean Malaquais

"Planet ohne Visum" von Jean Malaquais. © Edition Nautilus

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Marseille 1942, ein paar Monate vor der Besetzung durch die Deutschen. Noch ist es mit Geld und Geschick möglich, aus Südfrankreich in die freie Welt zu fliehen. Die Stadt ist bevölkert von Flüchtlingen und Unerwünschten des Vichy-Regimes, die verzweifelt versuchen den Schergen der Nazis zu entkommen. Besonders für europäische Juden ist das Schlupfloch Marseille die letzte Chance auf Rettung. Einige sehr unterschiedliche Personen helfen den Menschen zur Flucht übers Meer oder nach Spanien. Den meisten geht es ums Geld, andere gehören zur Résistance oder zu internationalen Hilfsorganisationen und handeln aus Gewissensgründen. Diverse Geheimdienste fischen nach Informationen und nicht jeder Samariter ist bei Lichte besehen ein guter Mensch. Im Stil eines Thrillers beschreibt Malaquais das große Durcheinander der Schicksale im brodelnden Kochtopf der Verzweiflung.

Er reißt zahlreiche Einzelbiografien an und setzt den Helfern wie den Henkern ein Denkmal. Viele der mitunter etwas fragmentarisch geschilderten Ereignisse erlebte er als Augenzeuge. Den Titel hatte er sich aus Trotzkis Autobiografie gemopst und schrieb den Roman in Mexiko und den USA in Griffweite einer Pistole.

Jean Malaquais war ein Spanienkämpfer, jüdischer Schriftsteller und Marxist, der ursprünglich als Jan Pavel Malacki in Warschau geboren wurde. Ihm gelang 1939 die Flucht aus Marseille über Mexico in die USA, seine Eltern starben in einem deutschen Konzentrationslager. Nach dem Krieg kehrte er nach Frankreich zurück. Er veröffentlichte 1947 seinen in Frankreich und international sehr erfolgreichen Roman Planet ohne Visum, der auch heute trotz einiger Längen und altbackener Formulierungen zündet.

Bibliographische Angaben

Jean Malaquais, Planet ohne Visum, Roman 664 Seiten, Übersetzerin aus dem Französischen: Nadine Püschel, Bindung: fester Einband mit Schutzumschlag und Lesebändchen, Verlag: Edition Nautilus, Hamburg, 1. Auflage, September 2022, ISBN: 978-3-96054-294-0, Preise:

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