Halbzeit in Bregenz – Festspiele vermelden einen erfolgreichen Start

Bregenzer Festspiele 2018
Impression von den Bregenzer Festspielen 2018. © 2018, Foto: Midou Grossmann

Bregenz, Österreich (Kulturexpresso). Bis jetzt spielte auch das Wetter mit und bescherte der Seebühne ausverkaufte Vorstellungen mit grandios inszenierten Sonnenuntergängen. Die ‚Carmen‘- Produktion musste heuer nur einmal ins Haus verlegt werden.

Zum Festspielfinale stehen noch zwei interessante Musiktheater-Ereignisse auf dem Programm. Die Uraufführung ‚Das Jagdgewehr‘ des Komponisten Thomas Larcher, in der Regie von Karl Markovics auf der Werkstattbühne, verspricht ein musikalisches Highlight zu werden. Rossinis ‚Der Barbier von Sevilla‘ im Kornmarktheater, in der Inszenierung von Brigitte Fassbaender, mit ausschließlich ganz jungen Künstlern, die schon an der Masterclass des Opernstudios Bregenz teilgenommen haben, schließt dann den Premierenreigen.

Zwei Epochen im Orchesterkonzert

Das gestrige Konzert der Wiener Symphoniker präsentierte vorab eine weitere Komposition von Thomas Larcher. ‚Alle Tage‘ – Symphonie für Bariton und Orchester, nach vier Gedichten von Ingeborg Bachmann (österreichische Erstaufführung). Vorläufige Erkenntnis: Die Stärke des gefragten Komponisten liegt doch wohl mehr in der orchestralen Gestaltung. Wenngleich von der menschlichen Stimme fasziniert, arbeitet Larcher überwiegend mit einem melodischen Sprechgesang, welcher zuweilen die Entstehung einer notwendigen Dynamik vermissen lässt.

Bariton Benjamin Appl wird als indisponiert angesagt, doch davon ist nichts zu bemerken, seine Interpretation der schwierigen Gesangspassagen klingt kraftvoll und entwickelt dennoch in den lyrischen Passagen eine große Sensibilität.

Spricht Thomas Larcher im Einführungsgespräch noch von der Angst der Frauen vor dem großen Orchesterapparat, als er gefragt wird, warum er sein Werk für Bariton geschrieben habe, beweist hier Dirigentin Karina Canellakis, dass sie durchweg furchtlos mit einem großen Klangkörper umzugehen versteht.

Einfühlsam und doch mit Zielstrebigkeit arrangiert sie mit den Wiener Symphonikern die recht schwierige Partitur und versteht es dennoch, die bekannte Klangschönheit der Wiener zu Gehör zu bringen.

Das Schicksal pocht an die Tür

Ludwig van Beethovens fünfte Symphonie zeigt sich nach der Pause als interessante Entwicklungsstudie der klassischen Musik in der Gegenwart. Beethoven soll den prägnanten Auftakt mit den Worten: „So pocht das Schicksal an die Pforte“ erklärt haben. Ganz so dramatisch klingt das Werk an diesem Abend nicht. Karina Canellakis besitzt einen Dirigierstil, der vordergründig mit visuell ansprechenden Bewegungen zu fesseln scheint; Kommentare nach dem Konzert bezüglich des visuellen Aspekts sind interessanterweise zu vernehmen.

Cannellakis ‚begleitet‘ die Symphoniker mehr als sie zu leiten, selten ist eine prägnante ‚Vorabzeichengebung‘ zu bemerken. Schnelle Tempi geben ihrer Interpretation Schwung sowie Pathos, dennoch bremsen letztendlich die oft extrem langsamen Ausdeutungen einiger Pianopassagen den Fluss der Sinfonie. Eine überhöhende musikalische Dimension kann sich leider nicht wirklich entfalten.

Dennoch großer Jubel vom Bregenzer Publikum für die Dirigentin sowie die brillant musizierenden Wiener Symphoniker. Auf die Entwicklung der sogenannten ‚ernsten‘ Musiktradition in den kommenden Jahren darf man gespannt sein.

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