Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Mensch ärgere Dich nicht ist ein Brettspiel für (2 bis) vier Personen*. Das meinen wir, nicht den 88-minütigen Spielfilm (Spiel-Film) aus dem Jahre 1972 von Peter Weck nach dem Drehbuch von Kurt Nachmann. An den sich der eine oder andere vielleicht erinnert. Die harmlose Komödie mit FSK ab 6 Jahren, „ein deutsches Lustspiel“, wie ein Kritiker schrieb, heißt so nach dem Brettspiel – damit wäre die Frage von Huhn und Ei für Zelluloid und Pappe geklärt – und hat in Großbritannien den englischen Titel „Don’t Get Angry“. Das Brettspiel heißt aber auch in England Mensch ärgere Dich nicht. (Wenn auch in der englischen Wikipedia die Übersetzung dieser Wörter, um den Sinn für englische Muttersprachler verständlich zu machen, mit „Hey, Don’t Get Angry“ angegeben ist.) Der Film heißt so, weil im Film die Figur Ewald Fröhlich das Spiel für seine Nichten kauft. Ewald wird fröhlich von Georg Thomalla gespielt.
Chris Roberts singt im Film das Lied „Mein Schatz, Du bist ’ne Wucht“. Es kann also sein, dass man die Single gehört hat und noch wahrscheinlicher, dass man den Titel im Radio gehört hat; vielleicht ohne den Film im Kino (oder später im Fernsehen) gesehen zu haben.
Aus deutscher Sicht hat der Film ein Star-Aufgebot. In Wales wird Max Grießer vor Beppo Brem und Uschi Glas erwähnt. IMDb sieht sie an erster Stelle vor Georg Thomalla und IMDb führt Fritz Werner unter Drehbuch auf, der in der deutschen Wikipedia glattweg vergessen wird.
Mensch ärgere Dich nicht, ein über 100jähriges Spiel und ein danach benannter Spielfilm
Der Film wurde am 15. Dezember 1972 uraufgeführt. Viel älter ist das Spiel, das dem Film den Namen gab. Der Amberger Josef Friedrich Schmidt schuf es 1907/ 1908 und spielte es erst nur mit seinen Kindern, dann mit Freunden und Bekannten. Mensch ärgere Dich nicht erschien erstmals 1910.
Gern wurde auf der Spielwarenmesse in Nürnberg auf das fünfzigjährige Jubiläum von PLAYMOBIL und das 110jährige von Mensch ärgere Dich nicht hingewiesen. So eine Jahreszahl ist immer zur Verkaufsförderung gut. Vielleicht auch deshalb will man nicht sagen, dass es schon 114 Jahre alt ist. Aber die Massenproduktion begann 1914. Der Durchbruch kam durch Mundpropaganda, nachdem Josef Friedrich Schmidt tausende Spiele an Lazarette verschickte. 1920 war eine Million verkauft. Das Spiel kostete 35 Pfennige.
2011 erreichte die Zahl verkaufter Spiele 90 Millionen. (Das sind seit der ersten Million jährlich im Durchnitt eine weitere.) Jährlich verkaufen sich zurzeit angeblich etwa 100.000 Stück (in Deutschland, vermutlich).
Laut Briefmarke wurde das bekannteste deutsche Gesellschaftsspiel 2010 100 Jahre alt
Am 11. Februar 2010 erschien eine Mensch-ärgere-Dich-Nicht-Briefmarke der Deutschen Post AG zum 100. Jubiläum. Deshalb kann man mit Fug und Recht behaupten, dass 1910 das für das Jubiläum maßgebliche Erscheinungsjahr ist. Es war eine 55er mit dem häufigsten Porto, dem Briefporto.** Das passt zum populärsten Spiel.
Inzwischen gibt es Landesmeisterschaften und 2017 wurde in Amberg ein Simultan-Weltrekord erreicht.
Mensch ärgere Dich nicht stammt von Pachisi ab (das bedeutet auf Hindi „fünfundzwanzig“) über Patchesi und Ludo (heißt auf lateinisch: ich spiele). Ludo erlangte 1896 ein Patent und ist ein einfaches Spiel für 2-4 Spieler. Mensch ärgere Dich nicht stammt also ursprünglich aus Indien. Die Spielidee kam, als die Kolonie das „Juwel der Krone“ war und das Vereinigte Königreich das größte Weltreich, im 19. Jahrhundert nach England.
*Mensch ärgere Dich nicht hat meist eine Rückseite für größere Familien oder Freundeskreise. So kann man auch zu fünft oder sechst spielen.
**Das Briefporto beträgt im Februar 2024 85 Cent, das sind 30 Cent mehr als vor 14 Jahren. Anders gesagt eine Preissteigerung für den Standardbrief auf 154,54 Prozent – das 1,5fache/ das anderthalbfache – oder um 55 Prozent; das sind 4% pro Jahr