Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Gestern zu Beginn der Nacht begann in einer nach einer Kapitalgesellschaft benannten Mehrzweckhalle in Berlin das große Krabbeln mit Klamauk einer Cirque du Soleil genannten Kapitalgesellschaft aus dem Königreich Kanada, der mit Musik aus der Maschine und Akrobatik von Menschen zu einer „Ovo“ genannten Aufführung vermengt wurde. Ovo ist ein Wort aus der portugiesischen Sprache und heißt übersetzt Ei. Eines war auch zu sehen.
Was sich in der Ankündigung beispielsweise auf der Heimatseite der Mercedes-Benz-Arena im Weltnetz noch nach Werbung anhört, das war dagegen auf der Bühne ein Witz. Zuerst die Werbung: „‚OVO‘, die Arena-Show von Cirque du Soleil, ist ein rasantes, farbenfrohes und skurriles Kaleidoskop in überragender, artistischer Perfektion. Die Welt der Insekten mit ihrer ungeheuren Vielfalt liefert eine ironische Blaupause für das Geschehen auf der Bühne, die einem Nest voller Akrobatik und Komik gleicht. Das große, kontrastreiche Krabbeln in schillernden, an natürlichen Formen angelehnten Kostümen sowie Kulissen, die Lebensräume eines chaotisch-vielfältigen Ökosystems bilden, ist ein herrlicher Spaß für die ganze Familie. Die Zuschauer stürzen kopfüber in einen Kosmos, in dem es vor Leben wimmelt. Lautstarke, turbulente Szenen wechseln sich mit stillen, gefühlvollen Momenten ab. Ein mysteriöses, großes Ei gibt allen Schauspielern, Artisten und Clowns mit ihren Insektenverkleidungen und -Charakteren Rätsel auf.“
Letzteres glaube ich gern, doch jetzt der andere Witz, der nur mit wenigen Worten wie „Hello“ und „Ovo“ auskam: Ein „Ökosystem“ war weit und breit in dieser schlecht besuchten Halle, von der nicht nur die hintere Hälfte abgehangen war, sondern auch die obere, und auch der sichtbare Rest offenbarte riesige Lücken, nichts zu sehen. Musik war zwar zu hören, aber Musiker spielten nicht auf. Kapelle? Fehlanzeige! Die Klänge kamen aus der Konserve.
Die Künstler? Kindgerechte Mimik und Gestik!
Die Artistik? Zirkusreif! Dort hätte die Vorstellung ausschließlich derer, die ihr Können nicht bei Kraft, Beweglichkeit und Körperbeherrschung am Boden und darüber zeigten, viel besser hingepaßt: in ein Zirkuszelt statt in eine Mehrzweckhalle. Abgespeckt um den Schabernack der Schaben wäre die Artistik auch ohne Akustik wohl schön und gut genug für ein Varieté, das bekanntlich eine aparte Mischung aus Theater und Zirkus ist.
Doch für die Gebildeten bitte kein Gedudel aus Megafonen und Boxen, sondern von einer Musikkapelle. Dazu darf es durchaus Humor fürs Hirn sein. Allerdings geht das unter dem Niveau eines Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow gar nicht oder wäre Kacke aus der Kulturindustrie für die Verdummten dieser Erde. Und so war das derb Dargebotene auch eine schwer verdauliche Ausscheidung.
Der Klügere gab auf und ging vorzeitig.
Anmerkung:
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