Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Ein Staatsbesuch beherrschte fast den ganzen Freitag. Am 28. September reiste Präsident Erdogan vom Bosporus an. Dazu viele Demonstranten, einige dafür, viele dagegen. Abends gab es am Flughafen Tegel fast keine Mietwagen mehr. Bei Europcar und Buchbinder überhaupt keinen einzigen. Was die Demonstranten übrig gelassen hatten, brauchten Reisende, die am Boden blieben. Ryanair-Streik. Außerdem fielen zwei German-Wings-Flüge aus an den Niederrhein und nach Stuttgart. Viele brachen in Fahrgemeinschaften noch in der Nacht nach Baden-Württemberg auf. Mit etwas Glück erreichten sie zu Sonnenaufgang ihr Ziel. 7 Stunden ist man auf vier Rädern von TXL in die südwestliche Landeshauptstadt bestimmt unterwegs. Am Abend dürfen endlich alle feiern, der EMOP (European Month of Photography) wird eröffnet. Gegen 21 Uhr treten The Jooles auf, ab 22 Uhr gib es einen DJ vor Kino und Ausstellung.
Feiern mit THE JOOLES
Nach 21 Uhr ist das Amerikahaus brechend voll, hier residiert seit noch nicht zu langer Zeit das c/o Berlin. Vor dem Haus, zum Parkhaus hin, steht eine Freilichtbühne, als ob die Veranstalter gewusst hätten, dass es trocken bleibt. Dr. Klaus Lederer (Linke), der als für Kultur Zuständiger schon so manches Filmfestival eröffnen durfte, spricht ein paar Worte. Anschließend gibt es Musik im Rahmen eines Bühnenprogramms. Besonders gute Laune erzeugt The Jooles. Die Band ist paritätisch besetzt – genderbezogen. Links auf dem Photo Alexander Dommisch, Musiker und Label-Manager. Rot-lila beleuchtet die Leadsängerin, rechts daneben ihre Kollegin mit dem Saiteninstrument. Dazwischen im Dunkel versteckt der Schlagzeuger. Die Band The Jooles (www.THEJOOLES.com) hat kürzlich ihre erste Platte herausgebracht. Moving Memories erschien auf CD und – auf Vinyl!
Immer faszinierend die Enge und Gleichzeitigkeit des Geschehens, die es wohl sonst so nur in Indien gibt. Am Bahnhof der Christiane F. und der Stadtmission aus „Auf der Straße“ die Jebensstraße mit einem weiteren Photo-Museum. Daneben das Gericht mit seinen historischen Ausstellungen. Auf der Südseite der Hardenbergstraße das auf dem Photo abgebildete Geschehen. Der Mittelstreifen – Baustelle.
Zeitverlust durch hauptstadtbedingte Aufgaben
Dass das Land Berlin, das unter einer zig-milliarden-Euro-schweren Schuldenlast ächzt, vom Bund hauptstadtbedingte Kosten verrechnen darf, mag dem Finanzsenator helfen. Wieviele Stunden der arbeitende (und natürlich auch der arbeitslose) Berliner allerdings verliert und wieviel das kostet, interessiert niemanden. Kurz vor zwei am Nachmittag rauscht fast lautlos eine lange polizeibegleitete Wagenkolonne den Ku‘damm entlang Richtung Innenstadt. Wesentlich mehr Probleme entstehen durch Demonstrationen, die den Bus M29 aufhalten. Wer gegen 17 Uhr am Landwehrkanal entlang zur CDU-Zentrale im Diplomatenviertel oder über den Kurfürstendamm Richtung Grunewald möchte, hat das Nachsehen.
Warum auch die S-Bahnen staatsbesuchsbedingt ausfallen, ist dagegen nicht einsichtig. Gegen 15 Uhr findet in einem der Gebäude auf dem Titelphoto ein Pressetermin statt. Ihn über Westkreuz pünktlich zu erreichen ist unmöglich. Ein Zug nach Erkner, der angeblich drei Minuten später fahren sollte, wurde ersatzlos gestrichen. Der nächste Zug Richtung Osten soll erst in 10 Minuten (!) folgen. Im Berufsverkehr bei der Größe Berlins viel zu viel. Gerade erst hat der Senat eine Rekordmillionensumme der S-Bahn gestrichen wegen Unpünktlichkeit
Ein ganz normaler Freitag in Berlin.
Vergangene EMOP-Aktivitäten in Berlin:
Dagmar Gester und Gäste in der Ausstellung „Fluchtgepäck“ (EMOP 2016):
Was bleibt. Photographin Dagmar Gester ist in ihrer EMOP-Ausstellung „Fluchtgepäck“ zu sprechen
Photoausstellung jenseits des EMOP mit Sabine Mittermeier: