Dokumentarfilm, Heimatfilm, Farbfilm… – Zum Film „Walchensee Forever“ von und mit Janna Ji Wonders

Eine Szene aus "Walchensee Forever" von Janna Ji Wonders. © FlareFilm

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). „Eine Fee aus Walchensee“, sei sie, sagt ein Mädchen zu Beginn des Films „Walchensee Forever“. Das Kind trägt den Namen Janna Ji Wonders.

„Kamera läuft“, heißt es bei der Kleinen und für die Oma. „Ein Film über uns Frauen und die Familiengeschichte“ solle das werden, „und die Großmutter sei „ein Teil des Film“. Der ist ein Dokumentarfilm, ein Heimatfilm, ein Farbfilm und noch vielen mehr, doch der Reihe nach.

„Ein offenes Haus“ für Gäste, wo die Küche das Hoheitsgebiet der Frauen in der Familie Werner gewesen sei, kommt ins Bild am Walchensee. Der liegt zwischen der Migranten-Metropole München und Innsbruck. Vom Schliersee ging die Mutter der Großmutter an den Walchsee. 1924 soll alles begonnen haben. Die Bucherer war Wirtin und gleichsam Königin in der Küche.

Geborgenheit schien im Gasthaus, im Café, im Strandcafé Bucherer, zwischen Seestraße und See gelegen, nicht aufgekommen zu sein. Die Familie zerbricht. Der friesische Vater wurde Maler und Fotograf in München. Die ältere Tochter ging auch nach München, der Fotografie wegen. Das Ergebnis: beeindruckende Fotografien.

Eine Szene aus „Walchensee Forever“ von Janna Ji Wonders. © FlareFilm

Anna und Frauke flogen als bayerische Mädchen mit friesischen Vornamen samt Hackbrett und Gitarre nach New York, VSA, um dort zu musizieren und zu jodeln. Von dort sollen sie nach Mexiko getrampt sein. Neben Road Trip muß es zu manch anderen Trips gekommen sein. Der bestimmt aufregende Sommer war wohl nicht nur voller Love.

Zurück aus der Neuen Welt mit eine Allerlei von Erfahrungen und großen Träumen, die sich „schleichend“ auflösten“.

Frauke schneite sogar in die Kommune I nach Berlin rein, über die Rainer Langhans, ganz in Weiß gekleidet in einem weißen Bett liegend, berichtet, der in Fraukes Ideen zum Teufel wurde. Frauke wurde von einem Nervenarzt in die Psychiatrie eingewiesen.

Eine Szene aus „Walchensee Forever“ von Janna Ji Wonders. © FlareFilm

Irgendwann zog Rainer Langhans, der sich von Uschi Obermaier trennte, bei Anna in die Besenkammer ein. Auch Jutta Winkelmann taucht auf. Anna und Rainer reisen nach Mykonos, meditieren und hausen in einer Höhle.

Anna Werner wuchs in Walchensee auf, wo ihre Mutter Norma, geborene Bucherer (von 1911 bis 2016), bis 2003 das von deren Vater 1924 gegründete „Café Bucherer“ führte.

Später zog sie in den Münchner Harem, einer Art Kommune von vier, fünf Frauen und dem Ex-Kommunarden Rainer Langhans. Die anderen Frauen waren Brigitte Streubel, Christa Ritter und Gisela Getty, die Zwillingsschwester von Jutta Winkelmann.

Zurück zu Frauke, die damals Studienreferentin war. Sie fuhr am 31 Dezember 1974 mit einem Foto von einem „Meister“ offenbar absichtlich mit Karocho gegen einen Baum. Anna war zu der Zeit in Indien, in einer Aschram-Küche.

Anna zog es über Mexico-City mit Mann Jazon Wonders, ein schräger Vogel der Marke Einsiedler, nach San Francisco, wo die Filmemacherin gezeugt wurde. Von dort zog die Kleinfamilie in den Hippie-Ort Bolinas im Marin County in Kalifornien. Hausgeburt.

Irgendwann tauschen Mutter und Tochter die Plätze. Nun sitzt Janna Ji Wonders, die Filmemacherin, auf dem Sofa. Die jüngste der Frauen vom Walchensee erzählt von einer Zerrissenheit zwischen Vater und Mutter, Jason und Anna also, und den Orten, die damit verbunden sind. Walchensee ist halt nicht die Welt, aber ein Ort mit Oma, die in ihrem Kittel oder in ihrer Schürze steckt und scheinbar nicht aus ihrer Haut kann. Dann wird Jana auch noch Punk. Oma spielt in einem Punk-Video mit. Wahnsinn. Anna findet immerhin Halt am heimischen Herd am Walchensee.

Eine Szene aus „Walchensee Forever“ von Janna Ji Wonders. © FlareFilm

Irgendwann erfährt man das Alter der Oma, 104 Jahre. Und dann stirbt sie. Doch das nächste kleine Mädchen, Rumi, ist schon im Anflug. Sie ist sogar da: am Walchensee und im Wilden Westen. Im Abspann erfährt der Zuschauer und Zuhörer, daß Ann noch heute am Walchensee leben würde und das Café von Freunden von Janna weitergeführt werde.

2024 wird sie 100 Jahre Café Bucherer feiern können. Keine Frage: Das Haus hat mehrere Generationen überstanden. Gelagert wurden Geschichten und Geschichte auch in ersten 8mm-Filmaufnahmen, alten Fotografien und erhaltenen Briefe.

Ob nur darin oder auch im Haus das Familiengedächtnis wabert, oder nur im Kopf der Filmemacherin gesponnen wird, die offenbar versuchte, das Verborgene und Verdrängte ihrer Frauen-Familie zu ergründen, angeblich um „zu verstehen“, welchen Einfluß diese auf ihr eigenes Leben hatten, das sehen Sie bitte selbst und am besten vor Ort nach. Nehmen Sie sich Zeit auch für Speis und Trank, Rast und Ruh‘.

Filmographische Angaben

  • Titel Walchensee Forever
  • Staat: Deutschland
  • Jahr: 2019
  • Regie: Janna Ji Wonders
  • Buch: Janna Ji Wonders
  • Co-Autor: Nico Woche
  • Originalton: Janna Ji Wonders, Sven Zellner,
  • Zusatz-Ton: Martial Kuchelmeister, KristoferHarris,
  • Mit: Janna Ji Wonders, Rainer Langhans, Jutta Winkelmann, Ingrid Brims-Kamstedt Jazon Wonders.
  • Mitwirkund: Christa Ritter, Brigitte Streubel, Gisela Getty, Severin Winzenburg, Karline Lisk, Balthazar Getty, Anna Getty, Kurt Schütz, Uwe Neuhaus, Caren Kamp, Chatanya Hari Deuter.
  • Produktion: Flare-Film

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