Geht lernen! Goeht lernen! Goeth lernen! Fack ju Göhte Teil 3, die Fortsetzung der Schulkomödie bis zum Abi – wer’s denn schafft …

Goethe falsch geschrieben: "Göte".
Valsch schraiben geet aoch anderss. © Foto/BU: Andreas Hagemoser, 2017

Berlin/München, Deutschland (Kulturexpresso). Zweimal werden wir noch wach, heißa dann is Göte-Tach! Der Spielfilm „Fack ju Göhte“ genoss einen so durchschlagenden Erfolg, dass die Macher dumm gewesen werden, keinen 2. Teil zu drehen – in Thailand. Schließlich will man beim Dreh auch baden und Spaß haben, die Welt sehen. Spaß haben bis zum Abi, das ist ja schon seit langem die Devise des Lehrers, der keiner ist und seiner Schüler, die nichts können. Nach der unwahrscheinlichen Klassenfahrt nach Phuket und wilden Jetskijagden nun Teil Drei: der Boden der Tatsachen. 1. Nach dem Abi ist die Schule vorbei und dann muss man arbeiten. Igitt. 2. Das Abi schafft man auch nicht, denn es ist Schluss mit lustig.
Ohne viel verraten zu wollen, was der Trailer auch schon weiß: Eins ist sicher: So geht‘s nicht weiter! Aber auch Versager haben Gefühle. Die Gesellschaft tendiert sogar eher dazu, ihnen nachzugeben und zum Ausgleich von den Fähigen noch mehr Steuern und Leistung abzuverlangen. Das wusste Ayn Rand, jedoch nicht die Schüler der Goethe-Gesamtschule, die sich bei Büchern erst mal vor den Buchstaben und dann vor den vielen Wörtern fürchten. Ohne diese kein Lesen und ohne Lesen keine Lesefrüchte.

Esel lese!

Esel, lese! Ist zwar ein schönes Palindrom … ‚Was für ein Tempodrom?‘ Na, so ein Sonderfall von Anagramm … ‚Anna wer? Anna Gramm? Ist die magersüchtig oder was?‘
Solche Dialoge sind bei F… ju G. an der Tagesordnung.
Wo Hopfen und Malz verloren ist und es weder Mutti- noch Motivation gibt, stellt sich die Frage: Was tun?

BIZ oder Biss? Jedenfalls kein Business, denn busy is doch bsss

Hin zum Berufsinformationszentrum (BIZ), das war doch klar. Aufgrund von präzisen Algenrhythmen wird die arbeitsreiche Zukunft passend für jeden einzelnen filmisch vorgestellt. Altenpflege oder Abwassertechnik? Der idiotensichere Computer rechnet aus: Der passende Beruf für den „Lehrer“ wäre: Schlachter.

Gegen Regeln verstoßen und doch nicht

Die Frage ist, wie kann ich eine interessante Komödie machen, ohne zuviele Tabus zu brechen, trotzdem viele junge Leute ins Kino ziehen und am Ende noch einen positiven Ausblick geben?
Es wird wieder Alkohol fließen. Blut weniger. Es wird geraucht und Drogen tauchen auf. Aber die Jungen übernehmen entgegen jeder Erwartung Verantwortung – und das ist cool.

Eine Gratwanderung

Nicht zu langweilen oder mit dem erhobenen Zeigefinger daherzukommen, aber es mit dem Mißbrauch von Drogen und Genussmitteln und der falschen Toleranz von „Kleindiebstählen“ (250 Euro) nicht zu weit zu treiben, ist eine Gratwanderung (oder heißt es Gradwanderung?). Motivation, Antrieb, Elan und sogar gute Laune zu erzeugen, ist eine Kunst. Die Göhtemacher, die Goethe nicht schreiben können, beherrschen sie.
Man kann dem 3. Teil einen vollen Erfolg prophezeien (heißt es nicht prophezeihen, wie bei verzeihen?). Und wie bei „Hangover“ is denn auch mal gut. Da war der zweite Teil übrigens besonders schlecht, doch auch bei Gö-te überzeugen aus meiner Sicht der Anfang und das Ende der Miniserie mehr.
Das Abitur führt zu einem natürlichen (Schul-)Abschluss. Mehr geht nicht, oder? Wenn dieser Teil ein Kassenschlager wird, kann man dann nicht weitermachen? Doch was soll der Lehrer, der wohl in der Schule bleibt, mit den in alle Winde verstreuten Schülern und Schülerinnen in einem Film?
Ein bisschen juckt einen natürlich schon, zu wissen, wie es weiterginge. Ansonsten muss man sich wie bei Harry Potter und Tribute von Panem einfach die Blu-ray kaufen nachdem man die DVD schon besitzt – und vielleicht den Director‘s Cut (Direx Kat?) anschauen oder das Bonusmaterial.

Herr Müller

Elyas M‘Barek muss als Zeki Müller harte Schale und weichen Kern zeigen, dazu Erfindungsreichtum samt wahnwitziger Ausreden in ausweglosen Momenten. Das gelingt ihm wie immer gut und mit einem Lächeln auf den Lippen. Einzig an einer Stelle, wo er die Klasse fragt, ob sie bis zum Abi dabei ist, und zwar mit Lernen und ohne Schwänzen, wirkt er routiniert, aber im Abschluss nicht hundert Prozent überzeugend. Insgesamt also 1 oder 1-.

Shanti

Jella Haase alias Chantal Ackermann wird von ihrer Freundin Zeynep (Gizem Emre) Chanti genannt, man hört Schanti, und das bedeutet in Indien Frieden. Das Ziel der Vereinten Nationen, dessen Gründung sich heute jährt. Immer friedlich ist sie nicht, doch trotz aller Dummheit doch guten Willens und vielleicht klappt‘s ja auch mit der Liebe. Etienne – genannt „Ploppi“ – (Lucas Reiber) passt auch eigentlich wirklich nicht zu ihr. Seine Bestnoten beruhen allerdings anscheinend weniger auf Strebertum – als auf einem Anklang einer Art Aspergerautismus.

Max von der Groeben macht seine Sache gut, hat es als Daniel „Danger“ Becker aber auch ein bisschen leicht, da er sich ausspielen kann. Von der Groeben (ob das wohl eine Dehnungs-E ist?) ist eben der Mann fürs Grobe. Es ist leichter einen Wutausbruch zu mimen als eine intensiv-platonische Liebesszene. Doch wieder gilt: ‚Harthe Schaale, waicher Kehrn‘.

Sandra Hüller ist wie immer toll. Zu Katja Riemann möchte man nicht viel sagen. Nach so vielen Filmminuten Goethe und Che Guevara – oder war es Castro? – gibt es schon einige Running Gags, die immer wieder funktionieren. Katja Riemann ist schön anzuschauen und macht zweifellos vieles richtig. Manchmal bleibt ein ganz schwaches Gefühl, dass eine Kleinigkeit nicht stimmt, oder fehlt? Vielleicht ist es einfach nur die Regie.

All die Situationen, die so wie in diesem Film im Alltag nicht vorkommen, dürfen eben nicht zu überzeichnet sein. Das gelingt oft, zumindest für den Zweck gut genug, aber auch dies ist eine schwierige Gratwanderung. Wilde Feten, Hänseln, erste Liebe – wer hat das in der Schule nicht erlebt.
Das Verdienst des Films ist es, wichtige Themen wie das Mobbing so unter die Leute zu bringen, dass es annehmbar wirkt. Hänseln, Quälen und Macht ausüben nennt sich heute Mobbing, die Mechanismen sind dieselben geblieben.
Die Anti-Mobbing-Versammlung wurde übrigens in der Turnhalle des Gymnasiums Kirchheim gedreht.

Ein Mädchen für Etienne, ein Junge für Chantal

Lucas Reiber ragt heraus (Etienne). Er hat eine dankbare, aber nicht zu einfache Rolle. Er kann eigentlich nicht lügen, nicht küssen, ist der Klassenbeste und ein großer Erfinder. Er spricht elbisch und schreibt Lyrik in Binär (Die Sprache von Bin-Air). Während Nullen noch nicht einmal begreifen, dass es sich um Liebesgedichte handelt, ist für die mit den Einsen klar, dass es in binärer Sprache nur zwei Zeichen oder Möglichkeiten gibt. Liebesglück ist, wenn man jemanden findet, der einen versteht. Oriana Fallaci formulierte es in „Ein Mann“ ungefähr so: Geistig möglichst nah, körperlich möglichst weit auseinander, das ist die Voraussetzung für eine Super-Beziehung.
Dementsprechend ist klar, dass Etienne und Chanti nicht für einander geschaffen sind. Ein Happy-End für beide würde allerdings bedingen, dass zwei neue Partner auftauchen oder es bei einem bekannten Menschen aus der Umgebung plötzlich Klick macht. Soviel sei verraten: Beides passiert.

Entwicklung über Jahre

Ähnlich wie bei Harry Potter, nur nicht auf 7 Jahre und 7 Teile gedehnt, werden in der 5 Jahre dauernden Arbeit an drei Teilen „Johann Wolfgang von Goethe“ die jungen Schauspieler merklich unmerklich älter. Gut, dass Karoline Herrfurth nicht mehr dabei ist:

Das Gesetz der Serie

Zum einen ist der Erfolg einer Serie immer ein bisschen davon abhängig, dass es neben tragenden Konstanten eben auch etwas neues gibt, nicht nur in der Handlung.
Thailand und die Tsunami-Waisen war so etwas in Teil 2; genauso die entfernte Kritik am Spendengebaren der Deutschen, der Spendenpraxis und dem weitverbreiteten Missbrauch, der dazu führt, dass man Spenden am liebsten nur noch persönlich übergeben möchte, aber auf gar keinen Fall überweisen. In Deutschland gibt es auch so genug Gutes zu tun. So lustig F. ju Göhte ist – funktionieren kann der Film nur, weil es die Missstände im Bildungswesen und in den Familien wirklich gibt.

Über die Dummheit

Alter und Dummheit sind unbesiegbar. Horst Geyer konnte in seinem Traktat über die Dumhait ein Lied davon singen. Wenn Minderintelligenz schon unsiegbar ist, muss der von der Dummheit verursachte Schaden wenigstens gesellschaftlich begrenzt werden. Bildung kann ein Weg sein. Schulisches Lernen führt aber auch in die Irre, dass wissen wir spätestens nach der Dokumentarfilmen „Alphabet“ und „Being and Becoming„. Das Ergebnis kurz vorweg: Verschult – verdummt. (Siehe den Artikel im Weltexpress vom 21. Januar 2015: ‚Sein und Werden! – Der Dokumentarfilm „Being and Becoming“ bringt einen auf Ideen: zum besseren Lernen und dass man Schule eigentlich gar nicht braucht!‘).

Abwechslung erfreut

Varietas delectat, das ist der eine gute Grund für Herrfurths Abwesenheit. Der andere ist, das 2016 viel passiert ist. Nicht nur ein Göhte-Remake in Mexiko (!, siehe unten), sondern auch Herrfurths Langfilm-Regiedebut „SMS für Dich“. Damit wurde der Menschheit ein größerer Dienst erwiesen, als dies mit einer Teilnahme an der 3. Folge „Göhte“ je hätte sein können. Die Liebesgeschichte Herr Müller/ Lisi Schnabelstedt war erschöpft. „Laura Schnabelstedt“, gespielt von der 1995 geborenenen Lena Klenke (Anna Lena Klenke), sorgt für Kontinuität. Im ersten Film 17, ist sie inzwischen 22. Sie war als Elisabeths Tochter von Anfang an dabei.

Auch Runa Greiner (geboren 1996) als Meike macht zum dritten Mal mit.

Zum ersten Mal dabei: Lea van Acken als Amrei Keiser

Neue Gesichter gibt es auch: Amrei Keiser wird von Lea von Acken gespielt. Ihre Filmkarriere begann 2014 mit „Kreuzweg“ und setzte sich 2015 mit „Heil“ fort, beides unter der Regie von Dietrich Brüggemann. Die Lübeckerin ist Jahrgang 1999 und war etwa 15, als sie für Filmaufnahmen das erste Mal vor der Kamera stand – und gleich bei einer Berlinale-Pressekonferenz antworten durfte. „Kreuzweg“ mit Lea in der Hauptrolle der tiefreligiösen Maria gewann sogar einen Silbernen Bären für das beste Drehbuch von Dietrich und Anna Brüggemann. Ein tolles Geschenk zum 15. Geburtstag.
Die erste Bühnenerfahrung machte Lea mit 12 bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg.

2016 das Liebesdrama „Sag mir nichts“ in der ARD, ein SWR-Film, und eine Hauptrolle, die eine Bank ist: Anne Frank aus dem Tagebuch, das an jeder Schule erwähnt wird. Eine Literaturverfilmung von Hans Steinbichler. „Anne Frank“ sei Dank ist sie jetzt schon sehr bekannt. Früher musste die Schüler das Buch zuhause und im Unterricht lesen, jetzt sind bestimmt bei einigen Klassen Kinobesuche, Sondervorführungen und DVD-Gucken angesetzt. Die Jugend kennt Lea van Acken und sie ist ein großer Gewinn für „Göhte 3“.

Eine Reiterin aus „Bibi & Tina“ und „Ostwind – Aufbruch nach Ora“

Als sie selber Kind war, liebte die Schleswig-Holsteinerin das Tanzen und Reiten. Dort oben im echten Norden wird die Sportpferderasse der Holsteiner gezüchtet, naheliegend, dass ein junges Mädchen sich fürs Reiten interessiert. Bedingung für ihre Rolle in Detlev Bucks „Bibi & Tina – Tohuwabohu total“ und den zauberhaften Pferdefilm „Ostwind – Aufbruch nach Ora“, die dieses Jahr frisch in die Kinos kamen.
Prompt erklingen in „Fack ju Göhte“ Bibi-und-Tina-Klänge, nicht als Filmmusik, sondern direkt in der Handlung (‚I, was hörst denn du da?‘)
Wenn man einen Spreewaldkrimi mitzählt, sind vier Filme mit Lea van Acken 2017 auf die Bildschirme und auf die Leinwand gekommen. Das Talent ist gut im Geschäft – eine deutsche Jennifer Lawrence?

Drehorte (Locations)

Gedreht wurde bis in den Juli 2017 hinein wieder am Lise-Meitner-Gymnasium Unterhaching und am Werner-von-Siemens-Gymnasium in Neuperlach.

Darsteller und Team (Cast & Crew)

Darsteller: Elyas M’Barek, Jella Haase, Sandra Hüller, Katja Riemann, Max von der Groeben, Gizem Emre, Aram Arami, Lucas Reiber, Lena Klenke, Farid Bang, Uschi Glas, Michael Maertens, Lea van Acken, Corinna Harfouch, Jana JEDi¥ESS Pallaske, Julia Dietze, Irm Hermann

Produzenten: Lena Schömann, Bora Dagtekin
Executive Producer: Martin Moszkowicz
Drehbuch und Regie: Bora Dagtekin

2014 erhielt „Fack ju Göhte“ den deutschen Comedypreis für die erfolgreichste Kinokomödie.

Teil 1 und 2 hatten je über 7 Millionen Besucher, „Fack ju Göhte“ war 2013 der meist gesehene deutsche Film (5,6 Millionen Zuschauer).

Erfolgreiches Remake in Mexiko

Die Neuverfilmung „No manches Frida“ spielte über 63 Millionen Pesos (etwa 3 Millionen Euro) ein und in den USA an 17 Tagen ab dem 2.9.‘16 auf 362 Leinwänden über 9 Millionen Dollar (insgesamt etwa 12einhalb Millionen in den Vereinigten Staaten).
Das eng am Original liegende Werk legte den drittbesten Kinostart eines mexikanischen Films überhaupt hin.

Diesen Monat soll der Streifen, der auch als „El maestro suplente“ bzw. „El profesor sustituto“ bekannt ist, in anderen spanischsprechenden Ländern in Mittel- und Südamerika anlaufen.
Omar Chaparro spielt den Möchtegern-Lehrer, Martha Higareda die weibliche Hauptrolle (Lucy). Die Hauptfigur heißt phonetisch identisch „Zequi“.

Fack ju Göhte 3

Weltpremiere: München, 22. Oktober 2017 mit 3000 Gästen

Bundesweiter Kinostart: Donnerstag, den 26. Oktober 2017

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