Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Am 3. Sonntag im Advent gastierte Camerata Vocale Berlin unter der Leitung von Etta Hilsberg im Kammermusiksaal der deutschen Hauptstadt. Es wurde von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium Anfang und Ende gegeben und zwei Werke von Felix Mendelssohn: „Ave Maris Stella“ und das sechs Jahre ältere „Magnificat“.
Das Weihnachtsoratorium (BWV 248) ist so eine Sache. Es hat sechs Teile und wird konzertant kaum in richtiger Reihenfolge an einem Tag aufgeführt. Dafür ist es zu lang und ursprünglich auch nicht gedacht. Ein halbes Dutzend Kantaten sind es, gewidmet den drei Weihnachtsfeiertagen, Neujahr, den Sonntag danach und dem Epiphaniasfest.
Wie man es anders machen kann, könnte man am 18. Dezember um 18 Uhr in der Magdalenenkirche vergleichen.
Rixdorfer Kantorei und Kinderchor und das Orchester Concertino unter der Leitung von Anke Meyer führen die ersten drei Kantaten chronologisch auf.
Auch nicht an den Tagen, für die sie gedacht sind, sondern nur am 4. Sonntag im Advent; nicht nacheinander, sondern an einem Tag. In jenem Rahmen, besonders am Nachmittag in der Familienfassung, bestimmt von Gebet begleitet.
Der säkulare Mensch wird einen Konzertsaal wie den Kammermusiksaal bevorzugen. Zumal wegen der festlichen Umgebung der Architektur Hans Scharouns und der besseren Klangqualität, um die es ja letztlich bei konzertanten Aufführungen geht.
Bach im Barock: Ohrdruf und Lüneburg
Kantaten wurden seit dem Barock während des Gottesdienstes in größeren Kirchen gesungen.
Bach wurde in den Barock hineingeboren. Er, der viel für das Ohr und das Hören tun sollte, musste 1695 zu seinem älteren Bruder Johann Christoph, dem Organisten an der St.-Michaeliskirche in Ohrdruf. Er sang hier im Chor und wurde musikalisch weitergebildet.
Zur zeitlichen Orientierung: Das ist das Jahr des Baus des Barockschlosses Lützenburg (Lietzenburg).
Er verließ Ohrdruf 1700 mit seinem Klassenkameraden Erdmann, um nach Lüneburg zu gehen. Die Ausbildung war dort an der Partikularschule besser. Wieder sang er im Chor, wieder war er an der Michaeliskirche.
Während seiner Lüneburger Jahre krönte sich der Brandenburger Kurfürst Friedrich III. in Königsberg in Preußen zum König und anschließend seine Frau Sophie Charlotte. Das preußische Königreich ward geboren.
Anschließend ging Bach nach Arnstadt. Mitten zu dieser Zeit starb Sophie Charlotte, König Friedrich I. benannte deshalb die Lützenburg um und gründete die Barockstadt Charlottenburg.
Bach wirkte weiter in Mühlhausen, Weimar, Köthen und seit 1923 als Thomaskantor in Leipzig.
Für die Regina geschrieben
Dort führte Bach sein Weihnachtsoratorium erstmals 1734 auf.
Die Kantaten des Werks sind am Anfang für weltliche Anlässe komponiert gewesen. Wie Elisabeth Saaba schrieb, schuf Bach 1733 zu Ehren der polnischen Königin und Kurfürstin von Sachsen „Tönet ihr Pauken! Erschallet Trompeten!“, die die musikalische Vorlage der Kantate zum Heiligabend bildet.
Die Weihnachtskantate ist in Silbenzahl und Betonung an ihrer Vorgängerin orientiert. Der Eingangschor unisono, teilen sich die Stimmen dann polyphon auf.
Textliche Basis
Textliche Grundlage des Oratoriums sind Stellen aus dem Evangelium nach Lukas und Matthäus.
Den Abschluss des Konzertes bildete die VI. Kantate (Epiphanias) des Weihnachtsoratoriums.
Im 61. Teil des ganzen durchnumerierten Oratoriums rezitiert der Evangelist:
„Genug, mein Schatz geht nicht von hier, er bleibet da bei mir,
ich will ihn auch nicht von mir lassen.
Sein Arm wird mich aus Lieb
mit sanftmutsvollem Trieb
und größter Zärtlichkeit umfassen.
Er soll mein Bräutigam verbleiben,
ich will ihm Brust und Herz verschreiben.
Ich weiß gewiss, er liebet mich,
mein Herz liebt ihn auch inniglich…“
Die sehr ordentlichen Leistungen des ausgesuchten Chores und einige instrumentalen Spitzenleistungen besonders bei den Bläsern den Neuen Kammerorchesters Potsdam begeisterten das Publikum, hervorzuheben seien die Trompeten und die Bläser-Soli.
Künstlerischer Leiter des jungen brandenburgischen Ensembles ist Ud Joffe.
12 Jahre nach Gründung, als die Welt 2012 nicht unterging, entschlossen sich Chor und Orchester regelmäßig unter der Leitung von Etta Hilsberg in der Berliner Philharmonie und anderen Häusern aufzutreten.
Matthäuspassion am 14. April
Schon jetzt sei auf das Osterkonzert hingewiesen. Das dritte Konzert der Camerata Vocale Berlin in der Saison 2016/2017 findet am 14. April 2017 (Karfreitag) im Großen Saal der Philharmonie Berlin statt.
Man darf sich auf die Matthäuspassion desselben, großen Johann Sebastian Bach freuen.
2017: Hohe Messe in h-moll
Die H-moll-Messe, die wir sehnsüchtig erwarten, seitdem wir sie kennen, wird glücklicherweise gleich als 1. Konzert der darauffolgenden Saison 2017/2018 gegeben.
Leider nicht im großen Saal, sondern wieder in seiner kleinen Schwester, dem Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin am 15. Oktober 2017.
Johann Sebastian Bach, Hohe Messe in h-moll.
Zum Glück nicht jedes Laienensemble wagt sich an diese vierstimmige Chorwerk. Die H-moll-Messe (englisch mass in b-minor) ist anspruchsvoll und auch für die Solisten und Solistinnen eine Herausforderung.
Etta Hilsberg und die Camerata Vocale Berlin werden dieser „Challenge“ gewachsen sein.
Unter den nichthauptberuflichen Ensembles, die diese große Aufgabe meisterten, sei das Collegium musicum Berlin (CM) zu erwähnen (der Berliner Universitäten FU und TU).
Außer den üblichen Semesterabschlusskonzerten führte das Collegium die H-moll-Messe in den frühen 90er Jahren unter anderem auch in Irun, Donostia, Leganes und Madrid auf. In der spanischen Hauptstadt in dem Saal, für den die Philharmonie Berlin aufgrund ihrer perfekten Klangwiedergabe auch architektonisch Vorbild war: dem Auditorio nacional. In Frankreich trat das Collegium mit der Messe beim FIMU-Festival im elsass-lothringischen Belfort auf.
Weihnachtsoratorium in der Magdalenenkirche Rixdorf am 18.12. um 18 Uhr
Rixdorfer Kantorei und Kinderchor und das Orchester Concertino
18.12.2016, 15.30 Uhr Weihnachtsoratorium: Bearbeitung als Familienkonzert
18.12.2016, 18.00 Uhr Weihnachtsoratorium: Vollständige Fassung
Solisten: Margret Bahr, Sopran
Dorothe Ingenfeld, Alt
Laurin Oppermann, Tenor
Matthias Jahrmärker, Bass
Eintritt: 15,- Euro, ermäßigt: 10,- Euro, Berlinpass 3,- Euro, Schüler bis 16 Jahre frei
Kartenvorbestellungen sind über die Küsterei möglich (Bei Patricia Metzendorff, Patrick Otto: Tel. 030 / 56 82 57-30) oder Karl-Marx-Straße 197, 12055 Berlin
Tel.: 56 82 57-30, Fax: 56 82 57-31
Öffnungszeiten der Küsterei: Montag 10 bis 14 Uhr, Dienstag 16 bis 19 Uhr; (Mittwoch geschlossen); Donnerstag und Freitag 9 bis 13 Uhr
– Ort: Magdalenenkirche: (Kirche + Kapelle: Karl-Marx-Straße 201/203)
Kirche in Neukölln-Rixdorf, Karl-Marx-Straße Ecke Kirchhofstraße, U- + S-Bahnhof Neukölln U7 S41, S42, S45, S46, S47
Fußläufig vom S-Bahnhof erreichbar.
– Achtung bei geplanter Anfahrt mit dem Pkw: Karl-Marx-Straße ab Karl-Marx-Platz für den Autoverkehr vollgesperrt. Veranstaltungsort aus Richtung Stadtring A100 aber erreichbar.