Gurken pflastern seinen Weg – Zum Buch „111 Gründe, Energie Cottbus zu lieben“ von Christian Spiller

"111 Gründe, Energie Cottbus zu lieben" von Christian Spiller. © Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag GmbH

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Man mag es beim Blick auf die Tabelle der 1. Bundesliga nicht glauben, doch tatsächlich ist der Ball auch im Osten Deutschlands rund.

Unter den glücklichen Chefs der Sportressorts in den deutschen Medien, die jede Nacht in frisch gewaschener Bayern-, Dortmund oder Bremenbettwäsche schlafen, fällt eine Person auf. Christian Spiller.

Wenn sich andere Sporterklärer in feinstem Musselin, Brokat und Seide durch die Nacht gleiten lassen, ist Christians Schlafanzug aus getrockneten Disteln, mit spitzen Zacken dran. Damit er sich immer schön daran erinnert wo er herkommt: aus Cottbus.

Nein, bitterer Graus, arrrgh, ahhh! Ohhh Cottbus, ohhh Schauergesang, du Ort am finstern Popo jeder Tabelle, wo der Legende nach der Nazi gurrt und die guten Menschen so rar gesät sind, wie die gute alte Blaue Blume zu Zeiten Hölderlins.

Oder ist es vielleicht doch alles ein bisschen anders? Nur finstre Propaganda aus den Schwanenhälsen blasierter Ballpumpen? Regiert vielleicht der Neid in bestimmten Gegenden? Neid auf diesen Club, der von 1997 – 2014 in der 1. Und 2. Liga gespielt hat? Dort mehrfach Bayern München schlug und in den Herzen seiner Fans ein immerwährendes Feuer entfachte, das auch heute noch glimmt, wo sich Energie unter der Knute des Wüterichs Pele Wollitz mit aller Gewalt gegen den Abstieg aus der 3. Liga stemmt? Ist möglicherweise der Halbwahninnige Wollitz genau der richtige Mann für Energie?

In seinem frisch erschienenen Buch nimmt uns Christian Spiller mit auf eine Reise durch die Historie des Clubs, in der es Blut, Schweiß und Tränen regnet und kein Auge trocken bleibt.

Spiller wurde von seinem wohlmeinenden Vater mit ins Cottbusser Stadion der Freundschaft (allein dieser Stadionname!!!) genommen, wo er die ersten Jahre seines Fanseins auf den Knien seines Vaters verbrachte. Diese Zeit hat ihn geprägt und einen rotweißen Streifen auf sein hungriges Herz genietet. Sein Vater war ein eher ruhiger Zeitgenosse, der in bestimmten Situationen, hervorgerufen durch die Aktivitäten Energie Cottbus auf dem Rasen, zu einem feuerspeienden Vulkan werden konnte. Derart motiviert, blieb klein Christian nichts anderes übrig, als fortan den Cottbusser Gurkenpogo zu tanzen. Er wurde ein richtiger Fan, fuhr auswärts mit, ließ sich schubsen und mit Bier begießen, schnupperte an Bengalos und stürmte mit anderen glückseligen Gestalten dreimal den Platz, weil die Wucht des sportlichen Ereignisses ihm keine andere Wahl ließ.

Er ist ein echter Fußballfan, gesalbt mit der Hexensalbe des höchsten Glücks und bittersten Leids. Im Gegensatz zu diversen Bayernmolchen, die das eigene Stadionrund nur aus dem Fernseher kennen und bei Toren ihrer Mannschaft höchstens mal über das heimische Sofa hoppeln.

Somit ist Spiller aufs Beste präpariert, um über all die wunderbaren, schrecklichen, verwegenen, peinlichen Momente der Historie seines Clubs zu schreiben. Wie Energie den Schikanen der DDR trotzte, wie Energie den Schikanen der BRD trotzte. Wie ein Cottbusser Vokuhila Ronaldo trotzte. Warum Cottbus keine Diplomatenschmiede ist. Weil einmal elf sogenannte Ausländer in der Startaufstellung von Energie standen. Usw.

Zum Kampfpreis von 9,99 Euro schickt der Schwarzkopf-Verlag Herrn Spiller in den lesescheuen Osten, wo kurz vor Polen Energie Cottbus als letzter Mohikaner den Ball flach hält. Holt euch das Buch, egal wie! Spillers Buch ist jeden Cent wert!

Bibliographische Angaben

Christian Spiller, 111 Gründe, Energie Cottbus zu lieben, Eine Liebeserklärung an den großartigsten Fußballverein der Welt, 280 Seiten, Taschenbuch, Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin, 1.4.2019, ISBN: 3-862-6576-12, Preis: 9,99 EUR (D)

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