Schwarzer Hals und schiefe Nase – Daniel Krause als Punkboy in GDR

"Freiheit unterm Ladentisch. Mein Leben als Punk in der DDR" von Daniel Krause. © Riva

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Ich muss zugegeben, dass mich die derzeitige Tätigkeit des Autors erst ein wenig abschreckte. Er ist aktuell ein Reality-Sternchen bei RTL II. Aber man soll ja immer schön locker bleiben. Und außerdem ist Punk für alle da, auch für Erich Honekka.

Ein neues Buch über den Ostpunk also. Muss das sein? Ja. Weil man in Meister Krauses Erinnerungswerk (plus zwei Handvoll Fotografien) ein wirklich erzählenswertes Leben in der DDR geboten bekommt. Das Buch setzt Mitte der 80er Jahre ein und torpediert uns nach Ostberlin, als es für Punks seitens der Staatsmacht nicht mehr so brutal zuging, wie Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre.

Der junge Daniel hatte sich mit Adolar sozialisiert, dem ungarischen Jungen, der jeden Sonntag im Fernsehen der DDR mit Köter und aufblasbarem Raumschiff das Weltall, also den Kosmos, erkundete und allerhand Unfug mit Marsmenschen, fiesen Robotern und merkwürdigen Astralviechern anstellte.

Am Stadtrand aufgewachsen, trieb es Daniel immer mehr ins Zentrum Ostberlins, bis er am Alex und am Fernsehturm landete, schon damals der Treffpunkt der Zonenpunks. Seine Eltern waren sehr tolerant und ließen ihren Buben mit gefärbten Haaren, zerrissenen Klamotten und allerhand Tand behangen, durch die Gegend stiefeln. Neben sich immer sein bester Kumpel Sven, ein Außenseiter wie er:

Im zweiten Schritt kamen unsere Pullover und T-Shirts an die Reihe. Denen wurden die Ärmel gekappt und ebenfalls individuelle Designs mit Lack und Filzstiften verpasst. Dann kamen die Haare. Waren sie vorher nur wirr und strubbelig gewesen, wurden sie jetzt mit Privileg-Rasiercreme hochtoupiert und mit Tusche rot gefärbt.“

Sehr löblich, obgleich das seinerzeit die Bonzen und ihre Knechte naturgemäß anders sahen. Ärger ließ nicht lange auf sich warten. Scheissegal. Die zwei waren jung, wollten ihren Spaß und nahmen ihn sich.

Schön punkig aufgebrezelt konnte man sich sehen lassen. Die Frage war nur: WO? In den Arbeiterkneipen gabs gleich aufs Maul, bei der FDJ riefen sie den Friseur. Wohin… Na, innen Plänti, den Plänterwald. Und auf die Insel der Jugend! Nach und nach erobern sich die frisch geschlüpften Punks die Stadt und lernen andere junge Außenseiter kennen.

Das Buch beginnt mit dem Davie-Bowie-Konzert am Brandenburger Tor, wo die Punker seitens der VoPo ordentlich Dresche beziehen und zum ersten Mal den Satz: „Die Mauer muss weg“ hören.

Das Finale ist auch nicht ohne. Wegen Nichts landet der jugendliche Held im Knast und muss neun Monate im Kerker schmoren. Wie bitter.

Das Buch ist zu empfehlen, weil es zwischen lustig dargestellten Jugendszenen in der DDR, auch von Repressalien gegen Andersdenkende handelt, die ohne politisch sein zu wollen, zu Staatsfeinden gemacht werden. Frei nach dem Motto: Warum nicht auf einen Spatzen mit nem Panzer anlegen, könnte ja mal ein Elefant werden.

Passt jut zu Jubiläum!

Bibliographische Angaben

Daniel Krause, Freiheit unterm Ladentisch, Mein Leben als Punk in der DDR, 208 Seiten, weicher, flexibler Einband, Verlag: Riva, München, September 2019, ISBN: 978-3742310125, Preis: 14,99 EUR (D)

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