Zeitgenössische Lyrik aus Österreich – „Kasala für meinen Kaku“ und andere Gedichte von Fiston Mwanza Mujila

"Kasala für meinen Kaku und andere Gedichte" von Fiston Mwanza Mujila. © Ritter

Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Fiston Mwanza Mujila sprengt die Zeit und düngt unsere Hirne mit Leid in „Kasala für meinen Kaku und andere Gedichte.

Es wird gestorben, verstümmelt, gemordet und immer wieder gehofft in Fiston Mwanza Mujilas gut gesättigten Gedichten. Als er nach Europa ins Exil gegangen ist, wurde er eine schreibende Stimme seines Geburtslandes. Das ist Privileg und Bürde gleichermaßen für ihn, der in vielen Kulturen zu Hause ist, vielleicht in keiner ganz — aber das kann für einen, der mit Sprache arbeitet auch von Vorteil sein.

Bereits der Titel des Buches, »Kasala für meinen Kaku und andere Gedichte«, eröffnet Sprachräume: Kasala bedeutet in Tschiluba, einer Sprache aus dem Südosten des Kongo, Anrufung oder Lobpreisung, und die Kaku (in den Erzählungen des Volkes bis dahin immer männlich konnotiert) ist die Urgroßmutter des Autors. Als er klein war, kam diese ihm wegen ihrer Langlebigkeit vor wie ein Mann. »Während ich das ihr gewidmete Gedicht komponierte, habe ich ganz bewusst beschlossen, mit dieser Zweideutigkeit zu spielen«, lesen wir am Ende des zweisprachigen Bandes im erhellenden Interview mit dem Autor.

Deutsch, Französisch, Tschiluba

Leider ist das Buch nicht in Deutsch/ Tschiluba, sondern in Deutsch/ Französisch erschienen. Tschiluba hätte uns beim Lesen womöglich in die Welt geführt, die der Titel verspricht, uns durch ihren Klang betört, uns einen erweiterten Zugang zu seinen Gedichten eröffnet. Doch auch in ihrer deutschen Übertragung sind die Gedichte ein großes, zuweilen im besten Sinne verstörendes Leseereignis, weil es Mujila gelingt, uns in eine ekstatische Welt zu führen, in der »… jeder in seinem Winkel/die Kiefer zerschmettert/die Hosen voll« hat.

Mujila beschwört Ereignisse hervor und spielt auf Begebenheiten seiner kongolesischen Familie an. Er bezeichnet sich als »Verfechter der Opazität« und will natürlich nicht nur spielen, weder mit Sprache noch mit Geschichte.

»…meine eigene Stadt beginnt in Graz/ und hört in Port Elizabeth auf…«

Bibliographische Angaben

Fiston Mwanza Mujila, Kasala für meinen Kaku und andere Gedichte, 176 Seiten, Sprachen: Deutsch und Französisch, Bindung: Broschur, Verlag: Ritter, Klagenfurt, 1. Auflage 2022, ISBN: 978-3-85415-647-5, Preis: 23 EUR (Österreich)

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