Farblose Zukunft? Die meisten neuzugelassenen Autos sind grau

Farblose Zukunft oder doch farblosere Zukunft in Deutschland? Oder Schwarz-Weiß-Denken: 2023 wurden in den ersten 10 Monaten des Jahres viele graue, schwarze und weiße Autos gekauft und neu zugelassen. nur 21 % waren bunt. 10% blau, 5% rot, 3% grün, nur wenige braun oder gelb oder orange oder lila
Mehrheitlich grau: die Farbe neuzugelassener Autos derzeit. Im Bild sind nur 25% farbig, nämlich rot. Silber zählt als grau. In den ersten 10 Monaten des Jahres '23 wurden hauptsächlich graue Autos zugelassen, dann schwarze, dann weiße. Rote: nur 5%. copyright Andreas Hagemoser 2018

Berlin/ Flensburg, Deutschland (Kulturexpresso). Farblose Zukunft in Deutschland? Teilweise ist das schon sicher. Neue deutsche Autos, gemeint sind in Deutschland neuzugelassene, waren in den ersten zehn Monaten des Jahres ’23 grau, schwarz oder weiß – in der Regel. Nach den Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) in Flensburg waren in diesem Zeitraum 32% grau, 26% schwarz, 21% weiß. (Alle echten Farben zusammen auch nur 21%.) Das Schwarzweiß-Denken greift um sich. In der oberen Mittelklasse und der Oberklasse sieht man schwarz. Viel schwarz.

Nur Luxusautos, die auffallen sollen, weil es zum Beispiel Angeberautos sind, tauchen vermehrt in knalligen oder extravaganten Farben auf. Der Rotanteil und Gelbanteil ist dort höher als im Durchschnitt.

KBA berichtet farblose Zukunft oder doch farblosere

Weitere Einzelheiten finden Sie auf der Website des KBA: https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Neuzulassungen/Farbe/farbe_node.html . Dort können Sie die Jahre von 2006 bis 2022 einschließlich einzeln auswählen und anzeigen lassen. Bei einem Klick auf „Zeitreihe“ – die KBA-Homepage würden wir weder als intuitiv bezeichnen in der Bedienung noch wird angezeigt, was man erwartet – erhält man Neuzulassungen von Personenkraftwagen in den Jahren 2013 bis 2022 nach ausgewählten Farben. Also einen Überblick über zehn Jahre. In absoluten Zahlen. Pro Zeile ein Jahr.

Die in den Spalten angezeigten Zahlen von Neuzulassungen betreffen Autos in den „Farben“ weiß, rot, blau, grau, braun und schwarz (in dieser Reihenfolge). Ganz rechts in der letzten Spalte wird die Gesamtzahl der Zulassungen angezeigt. Die zeigt übrigens sehr deutlich den Einbruch durch die größte Wirtschaftskrise aller Zeiten – zumindest seit Aufzeichnung oder der industriellen Revolution – durch die Verbotsgesetze 2020 und ’21. 20% war der Einbruch ’20. Normalerweise hätte es wie in den Jahren zuvor eine Steigerung gegeben. Der Verlust beträgt also eher ein Viertel. In Zahlen: 25%.

2022 war die absolute Gesamtzahl der neuen Personenkraftwagen (Pkw) mit 2,651 Millionen immer noch niedriger als 2019 mit 3,6 Millionen. Seit 2013 stieg die Gesamtzahl bis 2019 ständig an. Außer 2018, wo sich die Zahl seitwärts bewegte, also vereinfacht gesagt stagnierte. (Genau gesagt ging sie um 0,005 Millionen zurück, was aber hier irrelevant ist, da es den Kohl nicht fett macht.)

Verkehrssicherheit durch Farben

Grau und Silber als Autofarbe haben den Vorteil, dass die so lackierten Wagen weniger oft in die Waschanlage müssen, weil sie nicht so schnell schmutzig wirken. Sie haben aber den Nachteil, dass sie bei einem grauen Himmel, bei Nieselregen und in der Dämmerung viel schlechter zu sehen sind. Durch Übersehen können Unfälle entstehen.

Zweiräder sind aufgrund der schmalen Silhouette ebenfalls leicht zu übersehen. Doch darauf wurde im Fahrschulbuch hingewiesen. Vor grausilber und silbergrau wird nicht gewarnt, deswegen tun wir das. 2005 hieß es noch, dass der Wiederverkaufswert bei Silber stiege, bei schwarz auch. Damals waren blau, rot und auch weiß wertmindernde Fahrzeugfarben.

Gelb

Den Wert eines auffälligen Gelbs erkannte Max Linke, der die max.-Sicherheitsfahrschule gründete. Alle Fahrzeuge waren anfangs Gelb, bei schneller Expansion und mehreren Filialen kam man bei 28 Fahrschulwagen nicht mehr mit dem Lackieren bzw. Folieren hinterher. Das Gelb warnte mehr als das vorgeschriebene „Fahrschule“-Schild. Obendrein bildete es einen Teil der corporate identity. Das Konzept war seiner Zeit voraus. Die Sicherheitsfahrschule bildete hunderte oder tausende Fahrschüler besser aus und reduzierte dadurch bestimmt die Zahl der Verletzten und der Verkehrstoten im statistisch nicht sichtbaren Promillebereich. Leider verschwanden in der Finanzkrise die gelben Autos aus dem Straßenbild der Hauptstadt.

Sicherheit wurde zwar gern genommen, aber eher gratis. Mehr zu bezahlen dafür, waren zu wenige bereit. Ein großer Fehler, führt doch das Vergessen eh zu einer Verschlechterung des Verkehrsverhaltens. Viele, die den Führerschein vor Einführung neuer Schilder gemacht haben, denken bis heute, in der „Spielstraße“ können man 30 fahren statt 7 km/h. Auch, dass man nicht von einer Busspur abbiegt, ist bei vielen nicht angekommen.

Ganz zu schweigen davon, dass viele keinen Finger mehr krumm machen – beim Abbiegen oder Spurwechsel. Zum Schaden vieler. Unsicherheit und Zeitverlust sind die logische Folge. Aber Blinken ist ja auch einfach lästig, oder? Kleine Ursache, große Wirkung.

Nichtblinken ist Ursache von Unfällen und Beinaheunfällen. Und die Blinkerfarbe? Ist gelb.

Farben sind wichtig

An anderer Stelle hatten wir auf die unterschätzte Wichtigkeit der Farben hingewiesen, unabhängig von der Sicherheit im Verkehr. In der französischen Flagge, der Trikolore, erhalten alle drei Farben gleich viel Platz. Unter den bis Ende Oktober in der Bundesrepublik Deutschland neuzugelassenen Fahrzeugen erhielt weiß auch einen hohen Anteil, aber keine 33% (wie auf der Fahne), sondern 21%, also etwa ein Fünftel (2022: 542.213). Graue Autos dagegen machen mit 32% quasi ein Drittel aus (2022: 810.136). Schwarze ein gutes Viertel (26%).

Demjenigen, der sich bei der AAA in München von einer Autobahnbrücke abseilte mit einem Transparent „Autos zerstören“ wird bei solchen Zahlen vielleicht schlecht. Wer weiß, was für ein wichtiger Indikator die Neulassungen für die Wirtschaft sind, freut sich über die Erholung. Nach oben ist noch Luft. Von 2014-19 war die Zahl jedes Jahr über 3 Millionen (Mio.), schon 2013, wenige Jahre nach der „Finanzkrise“ (subprime crisis) waren es mit 2.952.431 schon fast 3 Mio. Da nach den Pandemiegesetzen jetzt auch die „Sanktionen“, die Sprengung des Gasleitungen durch die Ostsee und das amerikanische IRA-Gesetz die deutsche Wirtschaft sehr belasten, wird die Zahl sowieso nicht übermäßig ansteigen, obwohl die Bevölkerung ein nie gekanntes Niveau erreicht hat und allein schon deshalb die Zahlen höher erscheinen, als sie sind. Müssen doch weniger Autos mehr Menschen dienen. Doch darum geht es ja hier nicht.

Weiß ist keine Farbe, schwarz ebenfalls nicht. Grau als Mischung kann es demnach auch nicht sein und beim KBA zählt silber als grau.

Graue Autos, grauer November, graue Aussichten? Farblose Zukunft? Wem graut davor?

Die Nachricht passt also prima in den auf der Nordhalbkugel traditionell grauen November und das Schmuddelwetter, das die Verkehrssicherheit auch nicht erhöhen wird. Nach dieser Einordnung ist der Silberstreif am Horizont auch grau und ohne schwarzzumalen stellen wir sachlich fest, dass bei der durchschnittlichen Lebensdauer hier zugelassener und Dekra- oder TÜV-geprüfter Autos diese noch viele Jahre lang im Straßenbild zu sehen sein werden. Es geht ja um Erstzulassungen, also in aller Regel um Neuwagen.

Also: Heute mehr grau – jahrelang alles grauer.

Eine farblose Zukunft ist greulich – nach der neuen Rechtschreibung irreführend „gräulich“ – und abscheulich. In anderen Ländern, denken wir an die Jeepneys in den Philippinen, sind Autos und Taxis farbenfroh gestaltet. Und individuell. Wo Individualität immer weniger möglich und schon gar nicht gewollt ist, bleibt die Wahl zwischen mausgrau und taubengrau. Die Schein-Wahl.

Falschmeldung „21% bunte Autos“

Ob das ein Ausdruck der Seelenlage ist, lassen wir dahingestellt. Sicher ist: bunter wird’s nicht. Im Gegenteil. Kollegen meldeten fälschlicherweise, dass nur 21% der Neuzugelassenen „bunt“ seien. Das ist missverständlich, da falsch ausgedrückt. Zwar keine echte Ente (Zeitungsente, denglisch fake news [sprich: fejk njuhs]), aber doch irreführend.

Mehrfarbige Autos sind bunt, aber das sind wohl unter einem Prozent. Fast alle neuen Autos in Deutschland sind in einer Farbe lackiert. Sie sind also einfarbig oder uni. Mitnichten bunt.

Zwar wird durch die verschiedenen Autos, die immer weniger Farbe zeigen, das Straßenbild weniger bunt. Die einzelnen Autos bleiben aber in einer Farbe – und sind deshalb nicht bunt. Selbst wenn es keine weißen, schwarzen, grauen gäbe, wäre nur das Gesamtbild bunt. Richtig formuliert gibt es einfach weniger blaue, rote, grüne und gelbe Autos bzw. Pkw.

2023 bisher: blaue Autos 10 %, rote 5%, grüne 3%.

Ausnahmen sind einige zweifarbige VW-Busse, teilweise der Opel Adam, der „individualisiert“ werden kann, teils der Mini von BMW und selten der Fiat 500. Dazu Rallyelackierungen, selbst bemaltes usw. usf. Diese Autos sind bunt. Uni-lackierte nicht.

Zweifarbigkeit oder Mehrfarbigkeit, die sich aus Faulheit oder Sparsamkeit nach Reparaturen einstellt, weil ein Kotflügel von der Autoverwertung eine andere Farbe hat, wird vom KBA ja normalerweise sowieso nicht gezählt. Neuzulassungen sind per Definition (so gut wie) unrepariert.

Farblose Zukunft, graue Zukunft, unerwünschte Z.

Das Morgengrauen schon heute.

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